Hamburg. Jede Stecknadel hätte ein Gewitter im Gehörgang verursacht. So andächtig und fokussiert hat man lange keine Menge in der ausverkauften großen Kampnagel-Halle erlebt. Der japanische Avantgarde-Pianist Ryuichi Sakamoto hat seinen Auftritt aufs Strengste durchchoreografiert. Eine Armada von Technikern hat den Sound und jeden Lichtkegel blitzsauber eingestellt, vier Mikrofone beugen sich über den Flügel, den der Meister mit absoluter Präzision und angemessener Emphase beherrscht.

Durch seinen grauen Haarvorhang blinzelnd spielt sich Sakamoto durch sein Lebensrepertoire. Von dem innovativen Hit "Happy End" seiner Elektropop-Band Yellow Magic Orchestra über die Bossa-Nova-Phase mit "Tango" bis hin zu hoch reduzierten Minimalstudien wie "Mizu No Naka No Bagatelle". Vor allem in seinen Filmmusiken wie "The Last Emperor" zeigt sich seine Meisterschaft, Momente der Tiefenentspannung mit solchen des sanften Aufruhrs abzuwechseln. Anflüge von Sentimentalität bricht er stets mit ein paar beunruhigenden Akkorden.

Der Meister brilliert mal alleine, mal lässt er sich vom melancholischen Cello des Brasilianers Jaques Morelenbaum begleiten, mal von der jungen Geigenvirtuosin Judy Kang, die mit zwei waffenscheinpflichtigen Glitzerpumps, vor allem aber mit Können glänzt. Als Sakamoto zum Ende mit sparsamen Worten an die andauernde Katastrophe in Fukushima erinnert, hätte auch diese Mahnung nicht ergreifender ausfallen können.