Lübeck. Es war ein Wochenende der großen Entscheidungen in Lübeck. Bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag wurde ein neues Stadtoberhaupt gesucht. Einen Tag zuvor fand bei den 53. Nordischen Filmtagen (NFL) die mit Spannung erwartete Preisvergabe statt. Gewinner des Abends war der norwegische Beitrag "King Of Devil's Island" von Marius Holst. Das Drama erhielt den mit 125 000 Euro dotierten NDR-Spielfilmpreis und den mit 5000 Euro ausgestatteten Publikumspreis der "Lübecker Nachrichten".

Der Siegerfilm erzählt eine Geschichte aus dem Jahr 1915. Auf der Insel Bastøy vor Oslo befindet sich ein berüchtigtes Erziehungsheim, in dem Jungen vom korrupten Heimleiter (Stellan Skarsgard) und einem sadistischen Hausmeister so sehr drangsaliert werden, dass sie schließlich den Aufstand gegen die Erwachsenen wagen. Die Armee schickt 150 Soldaten, um die Revolte der Minderjährigen niederzuschlagen. Regisseur Holst zeichnet ein düsteres, ebenso historisches wie aktuelles Bild von Autoritätsmissbrauch und Zivilcourage in Verbindung mit dem Plädoyer für Menschlichkeit. "King of Devil's Island" gewann verdientermaßen bereits beim Filmfest Hamburg zwei Preise und kommt im April in die Kinos.

Ansonsten war es ein durchwachsenes Jahr für den Nordischen Film. Auffällig viele der besseren Produktionen kamen aus Norwegen, von denen allein zehn einen deutschen Verleih gefunden haben und im nächsten Jahr in unseren Kinos anlaufen. Während sich in Dänemark, das in den vergangenen Jahren viele gute Filme nach Lübeck schickte, ein Generationswechsel vollzieht, befinden sich die Norweger in einem Hoch. "Sie modernisieren ihre Filmindustrie langsam, aber gründlich. Dabei sind sie in allen Genres vertreten", bilanzierte die künstlerische Leiterin der Nordischen Filmtage, Linde Fröhlich.

Dazu gehörte auch die leichte Komödie "Ich reise allein", in der ein Student sieben Jahre nach einem One-Night-Stand erfährt, dass er seit Langem Vater ist. Nun drückt ihm die Mutter überraschend die Tochter in die Arme, weil sie Urlaub braucht. Und der Literaturstudent muss erkennen, wie wenig detaillierte Kenntnisse des Werks von Marcel Proust bei der Erziehung eines kleinen Mädchens helfen.

Gestern endeten die Nordischen Filmtage mit dem Besuch von Udo Jürgens, der seine Familiengeschichte in "Der Mann mit dem Fagott" vorstellte. Weitere Preise: "Tütenbierfilm", von Ville Jamkeri, Finnland (Kirchenpreis). "Mein Geliebter - Ein Film über Liebe und Mut", Hilde Korsæth, Norwegen (Dokumentarfilmpreis). "Ein anderer Weg", Hafsteinn G. Sigurdsson, Island (Baltischer Filmpreis). "Du fehlst mir, Du fehlst mir!", Anders Grönros, Schweden (Kinder- und Jugendfilmpreis).