Er erzählt nicht nur gute Geschichten, er erzählt sie auch gut: David Nicholls, Autor des Romans “Zwei an einem Tag“. Der Film läuft jetzt im Kino.

Hamburg. Eigentlich müsste jeder, der ein Buch schreiben will, wie David Nicholls schreiben. Oder wenigstens fast jeder. Denn Nicholls schreibt Geschichten, die komisch sind und auch traurig. Er schreibt Liebesgeschichten ohne Kitsch. Seine Helden haben anstrengende Berufe und komplizierte Beziehungen zu ihren Eltern. Sie machen Umwege auf dem Weg ins Erwachsenenleben und sie schlagen sich mit Fragen und Problemen herum, die wir auch alle haben.

Kein Wunder also, dass David Nicholls von seinem jüngsten Roman, der tragikomischen Liebesgeschichte "Zwei an einem Tag" im englischsprachigen Raum mehr als zwei Millionen Exemplare verkauft hat. Und bei uns mehr als 800 000. Auf der Amazon-Verkaufsliste steht er auf Platz eins. In England wurde er "Der Mann, der das ganze Land zum Weinen gebracht hat" genannt. "Nicht unbedingt der Titel, den ich mir gewünscht habe", sagt David Nicholls, "aber ich liebe starke Emotionen. Keine Sentimentalitäten, aber große Gefühle. So etwas möchte ich erreichen."

Wer einmal angefangen hat, einen Roman von Nicholls zu lesen, kann nicht mehr damit aufhören, das ist so gut wie sicher. Denn Nicholls schreibt unglaublich unterhaltsam. Ein Buch von ihm, das ist eine Mischung aus Woody Allen und Ernst Lubitsch, Jane Austen und einem Slapstick. Komik, Romantik, Präzision und Esprit sind garantiert. Nicholls Roman "Zwei an einem Tag", in dem sich ein Paar 20 Jahre lang jeweils am 15. Juli trifft, mal verliebt und mal gebeutelt, ist verfilmt worden und seit gestern in den Kinos.

Nicholls schöpft natürlich, wie alle Autoren, aus seinem Privatleben, wenn er seine Figuren erfindet. Er erzählt nicht nur gute Geschichten. Er erzählt sie auch gut. Seine Sprache ist genau, fängt Zeitkolorit und Situationskomik ein. Ob es ein Treffen mit den Eltern ist, das unbefriedigend verläuft, eine überdrehte, moderne Hochzeitsfeier, eine verkrampfte Begegnung mit der Ex, der zuweilen schwierige Umgang mit dem eigenen Kind, Geldsorgen, die man vertuschen will, oder das Arbeitsklima in einem mexikanischen Schnellrestaurant, immer stimmt die Atmosphäre, passen die Wörter oder vermittelt sich die gerade richtige Stimmung. Und weil das Schwierige und Traurige ja so oft auch komisch ist, geht es dann um Verklemmungen, Peinlichkeiten oder einfach nur blödes Statusdenken. "Ich improvisiere gern" sagt er, "ich finde es schwerer, ernst zu sein als komisch."

Acht Jahre arbeitete Nicholls ziemlich erfolglos als Schauspieler, musste sich nebenher mit Jobs als Kellner und Buchverkäufer über Wasser halten. Dieses Leben hat er in seinem zweiten Roman, "Ewig Zweiter" ausgeschlachtet, in dessen Mittelpunkt ein Schauspieler steht, der nur miese Rollen bekommt, in einer verwahrlosten Wohnung lebt, gerade geschieden ist und sich zu seinem Unglück in die Frau eines gut aussehenden und erfolgreichen Kollegen verliebt. "All das ist Grundlage für eine klassische romantische Komödie", sagt Nicholls, der zwar ganz ruhig im Café zu sitzen scheint, von dem man aber glaubt, er könne im nächsten Moment einen unglaublichen Gag loslassen. Die Haare verstrubbelt, die Augen funkeln - der Mann scheint elektrisiert. Doch mit dem Schreiben, dem Umarbeiten von Drehbüchern, geht er einem sehr einsamen Job nach. Seine Ideen versprüht er in seinen Texten.

Viel, sehr viel weiß er über Situationskomik. "Natürlich klaue ich auch bei meinen Vorbildern wie den Screwball-Komödien aus den 40er-Jahren oder anderen Autoren. Aber ich habe viele Drehbücher bearbeitet und erkenne komische Plots ziemlich schnell", sagt er.

Bereits sein erster Roman, "Keine weiteren Fragen", eine Geschichte über einen Studenten, der so gern wichtige Dinge sagen würde, stattdessen aber in Fettnäpfe stolpert, ist ein amüsanter, intelligenter, moderner Entwicklungsroman und wurde in England ein riesiger Verkaufserfolg. Tom Hanks erwarb die Filmrechte. Für seinen Bestseller "Zwei an einem Tag" wollte Nicholls "etwas mehr als eine romantische Komödie. Ich wollte über Familienleben erzählen, die ältere Generation oder was es bedeutet, wenn man Eltern wird. Vielleicht hing es damit zusammen, dass ich 40 Jahre alt wurde und selbst gerade Vater. Ich wollte nicht mehr pausenlos lustig sein und auch ein paar dunkle Seiten einführen. Im Wesentlichen handelt das Buch von Freundschaft. Und dem Erwachsenwerden."

Dexter und Emma, seine beiden Romanhelden, die sich 1988 beim Schulabschluss das erste Mal treffen - er zunächst erfolgreich und sie auf der quälenden Suche, bis es dann umgekehrt wird - sind nicht nur ein (un)perfektes Liebespaar. Sie stehen auch im Mittelpunkt einer Sozialsatire.

Jane Austens "Stolz und Vorurteil" zählt zu seinen Vorbildern - "Das ist die komplizierte romantische Komödie in Perfektion". Oder Shakespeares "Viel Lärm um Nichts", die Komödie um Liebe und Intrigen, Fitzgeralds "Der große Gatsby", Billy Wilders "Apartment" oder Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte". Sein Lieblingsbuch ist Charles Dickens' "Große Erwartungen". Für diesen Roman schrieb Nicholls gerade das Drehbuch. Die Idee vom Leben als einer Kette, die sich verändert, sobald man ein Glied entfernt, hat ihn inspiriert. "Die viktorianischen Romane mit ihren komplizierten Liebesgeschichten und ihrer Ausdrucksvielfalt habe ich immer bewundert. Große Charaktere, große Gefühle und starke Gegensätze zwischen Komik und Trauer, so etwas fasziniert mich, und ich versuche es auch für meine Arbeit zu nutzen."

Romantische Komödien brauchen die Steigerung - hin zum Kuss, zum Sex. In "Zwei an einem Tag" verbringen Emma und Dexter bereits die erste Nacht zusammen, als sie sich noch kaum kennen, wenn auch ohne Sex. Und als es zum Sex kommt, liest man nur in der Rückschau darüber, dass es passiert ist. Wie also steigert Nicholls seine Romanze? "Heute ist die Ehe nicht mehr der Höhepunkt einer romantischen Komödie", erklärt Nicholls. "Ebenso wenig Sex. Die größte Herausforderung, eine moderne Liebesgeschichte zu schreiben, war für mich, natürliche Hindernisse zu erfinden. Manchmal war das etwas rein Mechanisches: ein Brief, der nicht abgeschickt wurde, ein Anruf, der im Nichts landete. Oder es regnete, und Emma ging nicht aus dem Haus. Andere Hindernisse lagen im Alter der Beteiligten. Sie waren unreif, erlebnishungrig, geblendet, unzufrieden, selbstsüchtig. Deshalb klappt es mit der Liebe nicht richtig. Dexter beispielsweise braucht erst mal ein paar Rückschläge, Verletzungen." Ganz so, wie es Nicholls auch erlebt hat.

David Nicholls, "Zwei an einem Tag", Kein & Aber, 560 S., 22,90 Euro