Zusammen sind sie 132 Jahre jung: Bob Dylan und Mark Knopfler spielten in Hamburgs O2 World

Hamburg. Für jemanden, der für öffentliche Selbstzerstörung bekannt ist, wirkte Bob Dylan, 70, recht frisch. Es war auch erst das 74. Konzert, das der Mann der tausend Gesichter in diesem Jahr spielte. Bis zum trüben November waren es in den vergangenen Jahren schon mal deutlich mehr. Dylan hat Millionen Dollar verdient, Millionen Menschen verzückt und enttäuscht. Was soll er sonst machen, als an Halloween in Hamburgs O2 World die gut 9000 Zuschauer zu verwirren? Es gab viel schmackhaft Saures und ein bisschen Zuckerguss aus Bobs Wundertüte.

Obwohl Dylan die Gitarren und vor allem die alte Nölstimme derbe knarzen ließ, so wunderbar dicht dröhnte doch seine Band einen erdigen, rockigen Blues durch die Halle. Von "Leopard Skin Pill-box-hat" bis zu "Like A Rolling Stone" entspann sich ein Kaleidoskop dessen, was Dylan gerade so einfiel. Jeden Abend variiert er das Programm. Und gelassene Country-Rock-Nummern wie "Things Have Changed" werden plötzlich in Überschallgeschwindigkeit gespielt, "Hard Rain" lapidar heruntergenudelt. Legendäre Lieder gibt's halt genug aus seiner Feder.

Bei den ersten vier Stücken umspielte die großartige Gitarre von Mark Knopfler, 62, Dylans Ausflüge in die eigene Geschichte. Der frühere Kopf der Dire Straits hatte im "Vorprogramm" seinen Soundtrack für die Schlafwagenabteile der Mittvierziger routiniert abgespult. Doch unter denen, die 90 Euro plus für ein Ticket bezahlt haben, waren viele ausschließliche Knopfler-Fans. Erst gegen Ende seines Konzerts waren die atmosphärischen Klänge zu hören, die ihn vor 30 Jahren an die Spitze der Gitarrengötter katapultiert haben. Knopfler hatte einen Stehgeiger mitgebracht, einen Flötisten auf zwei Beinen und einen Standbass. Eine Band von Aufrechten - mehr nicht.

Ganz anders Dylans Höllenhunde, die rocken können, als gäbe es kein Morgen. Da war deutlich mehr Feuer, wenn Dylan Charlie Sexton (Gitarre), Tony Garnier (Bass) und George Recile (Schlagzeug) von der Kette ließ.

Vom tschechischen Langstreckenläufer Emil Zatopek stammt die Weisheit "Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft". Man müsste hinzufügen: Und Dylan tourt. Was zählt, ist die Tagesform. Im Juni hatte er mal schräg, mal lustig den Stadtpark beschallt. Auf der Zehnerskala von boblos bis bobbyfantastisch war dieser zweite Hamburger Auftritt sicher eine Acht.