Die Einsendefrist ist vorbei, nun geht die Suche nach dem “Besten Norddeutschen Roman“ richtig los. Die Vorauswahl wird aus 30 Titeln bestehen.

Hamburg. Vor zwei Monaten hat das Abendblatt zum Wettbewerb "Der Beste Norddeutsche Roman" aufgerufen, die Resonanz ist überwältigend: Über 350 Manuskripte von Leserinnen und Lesern erreichten in den vergangenen Wochen die Redaktion. Das Büro von Cornelia Bense und Olaf Schulz im fünften Stock des Verlagsgebäudes in der Caffamacherreihe ist kurzerhand zur "Manuskripteingangsschleuse" umfunktioniert worden. Und schnell wird hier die Vielfalt der Zusendungen spürbar - wenn die Romanpakete angenommen, ausgepackt, nummeriert und für die erste Sichtung vorbereitet werden.

Darunter waren die unterschiedlichsten Formate und Verpackungen, Poststempel aus dem gesamten norddeutschen Raum, ausführliche, mit persönlichen Fotos bespickte Anschreiben. Oder auch nur ein kleiner gelber Klebezettel mit der Bemerkung: "Hier mein Manuskript zur Teilnahme am Wettbewerb, viel Spaß beim Lesen." Es sind die ersten Anhaltspunkte dafür, dass keine Norm aus den Zusendungen zu ermitteln ist. Die Individualität der eingereichten Romane macht die Suche nach dem Besten unter ihnen umso spannender. Jedes eingetroffene Manuskript könnte am Ende der Gewinner sein und vom Abendblatt verlegt werden.

Und so haftet ihnen allen, noch in den Posthüllen steckend, ein Geheimnis an, das unbedingt gelüftet werden will: Welche Geschichte verbirgt sich auf diesen Seiten, hinter der Schrift? Die bis jetzt gesichteten Einsendungen sind Geschichten unterschiedlichster Couleur, in unterschiedlichster Art und Weise aufgeschrieben: Ob auf knappen 120 oder prallen 700 Seiten, ob auf der Schreibmaschine, dem Computer oder sogar handschriftlich zu Papier gebracht, mit Weihnachtsgeschenkband zusammengefädelt oder akkurat eigenhändig gebunden. An dieser Stelle: vielen Dank dafür!

Eine ebensolche Vielfalt liefern auch die Autoren selbst. Sie reicht vom promovierten Wissenschaftler über den Großvater, der sein Werk den Enkeln widmet, bis zur Hausfrau, dem Elektroinstallateur oder der Schülerin der zehnten Klasse. Die bis jetzt älteste Schreiberin ist 1925 geboren, die jüngste ist 15. Die eingereichten Romanmanuskripte erzählen von tödlichem Liebeskummer, einer unverhofften Erbschaft in Millionenhöhe, von mysteriösen Familiengeheimnissen, der Mafia und der Seefahrt, der großen Sturmflut im Jahr 1962 und ihren Folgen für einen Rettungsmitarbeiter. Und von einer Senioren-Wohngemeinschaft, in der mehr passiert, als man erwartet.

Doch leider ist nicht alles, was bisher die Abendblatt-Redaktion erreicht hat, ein Roman. Die eine oder andere Zusendung von Manuskriptseiten entpuppt sich als Lyrikband, Kinderbuch oder Biografie - literarisch gesehen zwar nicht zu bemängeln, der gesuchten Form der Geschichte allerdings nicht entsprechend. So war es manchmal die eigene Lebensgeschichte, die erzählt wird, und obwohl auch die bewegend und spannend zu lesen ist, entspricht sie leider nicht den Kriterien des Wettbewerbs. Denn was macht eine Geschichte in Buchform zum Roman? Die Literaturwissenschaft definiert den Roman als "die Langform der schriftlich fixierten Erzählung". Und verlangt, dass ein Literat nicht schreibt: "Ottos Hund übergibt sich." Sondern: "Ottos Mops kotzt."

Ästhetisch soll die Sprache sein, spannend der Inhalt. Die Freude am Spiel mit den Worten ist bislang jeder Einsendung anzumerken, egal wie lang oder kurz sie ist. Hans-Joachim Nöh, Mitglied der Abenblatt-Chefredaktion, hat bereits 15 gelesen, "allein darunter waren drei Perlen", sagt er. "Es ist wirklich erstaunlich, mit wie viel Talent und Lust am Erzählen diese Geschichten geschrieben sind. Ich konnte sie einfach nicht aus der Hand legen." Dass es am Ende wirklich so viele werden sollten, hätte in der Redaktion niemand vermutet. "Wir sind überwältigt, wie viele unveröffentlichte Manuskripte in den Schubladen der Leserinnen und Leser schlummerten und uns nun anvertraut wurden", sagt Cornelia Bense, Mitarbeiterin der Abteilung "Neue Produkte". Und freut sich mit den vielen anderen Kollegen aus der Redaktion auf die noch unentdeckten Geschichten, aus denen bis Ende November eine Vorauswahl ermittelt wird.

Sie wird zunächst aus 30 Titeln bestehen, von denen am Ende zehn auf die Shortlist kommen. Noch vor Weihnachten werden die Jury-Mitglieder Rainer Moritz (Chef des Hamburger Literaturhauses), Wolfgang Schömel (Literaturreferent in der Kulturbehörde), Krimi-Autorin Regula Venske und Abendblatt-Redakteur Thomas Andre ihre Entscheidung zum "Besten Norddeutschen Roman" bekannt geben.