Früher hat er in Hamburg gelebt, heute ist der Kabarettist Michael Krebs mit seinem dritten Soloprogramm “Es gibt noch Restkarten“ zu Gast.

Schmidt-Theater. So oft wie Michel Krebs ist kaum ein Künstler in Hamburg zu Besuch. Gut 20-mal im Jahr sei er in der Stadt, sagt der Musikkabarettist. An der Elbe hat Krebs fast die Hälfte seines Lebens verbracht. Hier hat er Freunde, hier hat er an der Musikhochschule bis zum Abschluss studiert, und nicht zuletzt: Hier ist er künstlerisch groß geworden.

Seine Anfänge in der "Sideshow", sein zweiter Platz beim ersten Hamburger Comedy-Pokal 2003, Auftritte in der "Schmidt Mitternachtsshow" und in Michy Reinckes "Lausch Lounge" haben ihn bekannt und beliebt gemacht. Der Klavierkabarettist war Hamburgs komische Antwort auf Richard Clayderman, den Schmusepianisten. Jetzt, im Alter von 37 Jahren, ist der immer noch smarte Blonde zwar kein Getriebener, so doch ein Reisender in Sachen Comedy. Und ein Wahlberliner. Einer jener Künstler, die im Groll aus Hamburg in die Hauptstadt abgewandert sind, ist Krebs jedoch nicht.

Bereits 2009 hatte es den Exil-Schwaben nach Berlin gezogen. Zum einen wollte er mit seiner Freundin keine Fernbeziehung mehr führen, zum anderen war er nach 16 Jahren Hamburg neugierig auf Neues. "Seit Anfang dieses Jahres habe ich das Gefühl, langsam in Berlin angekommen zu sein", erzählt Krebs, der im 50-Seelen-Kaff Neu-Kupfer aufwuchs. 150 bundesweite Auftritte im Jahr machten das Einleben für ihn zu einer Tour in Etappen.

Kreuzberg, Altbau, zwei große Zimmer, 3,40 Meter hohe Decke, ein Flügel. "Da fühle ich mich richtig wohl", schwärmt Krebs. Beschwerden wegen Lärms gibt es in dem Mehrparteien-Mietshaus keine: Unter Krebs wohnt ein Schauspieler, ein paar Stockwerke über ihm Bodo Wartke, wie Krebs ein vielfach ausgezeichneter Klavierkabarettist aus Hamburg. "Und zwischen Bodo und mir wohnt noch ein Pianist", sagt Krebs mit verschmitztem Lächeln.

Dieses Lächeln zeigt Krebs immer noch auf der Bühne, jedoch kann er trotz oder gerade wegen inzwischen 17 Kleinkunstpreisen auch richtig schön böse singen. Ein braves Äußeres, aber schmutzige Gedanken: Mit diesen Gegensätzen hat das "Büble" in Liedern wie "Hausverbot bei Aldi" und das (hässliche) "Ding von Heinz" in seinem ersten Programm "Vom Wunderkind zum Spätentwickler" gut und gern gearbeitet. Im zweiten Programm, der "Erotik Explo:schon Road Show", spielte der leidenschaftliche Kleinkunst-Rock-'n'-Roller virtuos mit Piano und E-Gitarre und den sexuellen Klischees eines Stars: Mit "Geht's auch leiser?" blickte er ironisch auf seine Anfänge als Pianist im Hamburger Steigenberger zurück, im Song "Das Mädchen von der Union (macht Sex mit mir in jeder Position)" nahm er die schleswig-holsteinische CDU-Affäre dieses Sommers auf seine eigene freche Art quasi vorweg.

Im August indes erfüllte sich Krebs ("Ich habe eine Metal-Affinität") einen Traum: Der Fan von Metallica-Frontmann James Hetfield und der deutschen Thrash-Metal-Band Kreator spielte erstmals beim Wacken Open Air bei den "Masters of Comedy" - wenn auch vor relativ wenigen Zuhörern - denn parallel rockte Ozzy Osbourne.

"Es gibt noch Restkarten" ist nicht nur deshalb ein treffend selbstironischer Titel für Krebs' neues Bühnenwerk. "In meinen ersten beiden Programmen hab ich mich mit mir und meinen Träumen auseinandergesetzt. Jetzt setze ich mich mit der Gesellschaft auseinander", sagt der Kabarettist seinen Denk- und Reifeprozess.

Er gehe nicht auf die Bühne, um die Leute zu belehren, aber was ihm auf- und missfällt, hat Krebs dann doch thematisiert: Coaching-Terroristen und Netzwerk-Junkies etwa oder "Apple-holiker", ausgedrückt im Song "Meine Freundin sollte von Apple sein".

Da seine aus Berlin kommt und er es genießt, dort auf einer der offenen Bühnen neue Songs auszuprobieren, ist eine Rückkehr Krebs' nach Hamburg unwahrscheinlich. "Das steht nicht zur Debatte", sagt er. Für ein Wiedersehen müssen Gastspiele wie heute reichen. Aber vielleicht folgt im nächsten Jahr ein Comeback seiner Cook-'n'-Comedy-Show "Spätzles Club" in der Ottenser Motte. Auch das ist schließlich für Krebs ein Stück Heimat. In Hamburg.

"Es gibt noch Restkarten" Schmidt (U St. Pauli), Spielbudenplatz 24/25, Karten zu 14,10 bis 21,80 unter T. 31 77 88 99; www.tivoli.de