In dem Stück ist der ivorische Tänzer Franck Edmond Yao auf Kampnagel an der Schnittstelle zwischen Tanz, Dialog und Theater zu erleben.

Hamburg. "Ich mag es nicht, wenn etwas in eine bestimmte Form gezwungen wird", sagt Franck Edmond Yao. "Kunst muss lebendig sein." Er zupft an seinem schwarzen hautengen Hemd und rückt die dunkle Sonnenbrille zurecht. Glitzernde Steine zieren seine Ohrläppchen, eine Kette aus schwarzen Steinen baumelt um den Hals. Der ivorische Tänzer und Choreograf trägt auch seinen Künstlernamen Gadoukou la Star wie ein Schmuckstück. Ein beeindruckendes Kraftwerk aus definierten Muskeln mit weicher künstlerischer Seele. So sieht pure Coolness und Eleganz gepaart mit Rebellentum aus.

In der Elfenbeinküste ist Yao, der mittlerweile in Paris lebt, ein Popstar. Seit sechs Jahren hofiert ihn in Deutschland die Hochkultur. Die Hamburger Performerin Monika Gintersdorfer und ihr Kompagnon Knut Klaßen entwickelten mit ihm und weiteren ivorischen Tänzern ein Kunsthybrid, angesiedelt an der Schnittstelle zwischen Tanz, Dialog und Theater. Mit den Mitteln von Bewegung, Parodie und viel Musik werden in von Publikum und Kritik gefeierten Performances wie "Othello - C'est qui?" oder "Betrügen" die interkulturellen Unterschiede variantenreich durchgespielt und aufs Lässigste seziert. Yao brilliert darin als Performer, der Gedanken deklamiert, während er sich dem Rhythmus hingibt, bis die Bühne kocht. "Ich mag die Verbindung aus Sprache und Bewegung, die im klassischen Tanz undenkbar wäre", sagt Franck Edmond Yao. "Gintersdorfer/Klaßen reißen die Barrieren zwischen Performer und Zuschauer ein."

Pure Energie soll auch die neue Produktion ausstrahlen, die ab heute drei Tage lang auf Kampnagel gastiert: "Am Ende des Westerns". In der Zeit von November 2010 bis April 2011 hatte die Elfenbeinküste zwei Präsidenten. Wahlverlierer Laurent Gbagbo klammerte sich im Regierungspalast an die Macht, während Alassane Ouattara in einem Hotel festsaß. Nach sechs Monaten Unruhen mit Tausenden Toten siegte Ouattara. In "Western" zitiert Yao den Unterlegenen Gbagbo, wie er vom Westerngenre schwärmt. Das Beste daran sei, dass am Ende einer siege, während der andere im Staub krieche. "Das Problem der afrikanischen Demokratien ist, dass keiner verlieren will", sagt Yao. "Das eigene Leben ist wichtiger als das von 1000 anderen."

Yao selbst ist längst ein Wanderer zwischen den Welten. In den Pariser Klubs spielen er und eine Reihe DJs mit den Codes der Reichen und Schönen. Yao ist Teil der Gruppe "Jet Set", die einen glamourösen Musik- und Tanzstil namens "Couper Decaler" pflegt. Die hedonistische Gruppe von Ivorern plustert sich auf, dass es kracht, und legt nachts in den Klubs dekadente Auftritte hin. "Couper Decaler" ist performative Kraft aus dem Geist der Angeberei. Motto: Radikale Anmaßung erzeugt Reichtum. "Es geht darum, wahrgenommen zu werden", sagt Yao.

Bei ihm ist der Glamour echt. Er stammt aus Gadoukou, einer Kleinstadt bei Abidjan. Beide Eltern sind Tanzprofis. Er besuchte das Tanzzentrum "Le Village Kigi", verinnerlichte die Polyrhythmik der afrikanischen Musiktradition. Später ging er nach Paris, gewann ab 2003 viermal hintereinander den Preis des besten afrikanischen Tänzers. In seiner Kunst kreuzt er Technik und Können mit der Kraft der Magie. "Europa hat die Magie als Teufelszeug verbannt. In Afrika hat sie ihren Platz. Wenn du an etwas glaubst, hat das eine magische Wirkung."

Gintersdorfer/Klaßen: "Am Ende des Westerns" 20.10. bis 22.10., jew. 21.00, Kampnagel, Jarrestraße 20-24; www.kampnagel.de