Bernadette La Hengst inszeniert “Integrier mich, Baby!“ in der Gaußstraße.

Alle reden von Integration. Bernadette La Hengst, Ex-Hamburgerin und seit sechs Jahren Wahlberlinerin, engagierte Pop-Feministin und Musikerin (Die Braut haut ins Auge), spricht lieber von Interkultur. Und sie hat eine Vision. Wie könnte das Leben in Altona im Jahre 2033 aussehen? Wäre es nicht denkbar, dass nur noch knapp 20 Prozent aller Menschen eine Biografie ohne Migrationsgeschichte vorweisen?

Für ihren Theaterabend "Integrier mich, Baby!", der am 23. Oktober Uraufführung im Thalia in der Gaußstraße (Garage) feiert, will sie Hypothetisches und Lebensnahes lustvoll mit viel Musik verbinden. La Hengst sucht nach einer Gesellschaft von morgen, in der wirkliche Integration stattfinden kann. Am Anfang steht jedoch die Frage, was das überhaupt ist. "Wer gliedert eigentlich wen wohin ein? Das birgt ja eine Hierarchie in sich", sagt Bernadette La Hengst.

Drei von Laien gespielte deutsche Dozenten aus Nigeria, Kolumbien und der Türkei halten einen "Re-Integrationskursus" ab. 70 Schüler, drei Thalia-Schauspieler und die Zuschauer drücken die Schulbank, um eine neue Art des Zusammenlebens zu lernen. "Einen Wanderungshintergrund zu haben ist dann keine Schwäche mehr. Es ist eher eine Eigenschaft, die man braucht, um in der interkulturellen Gesellschaft zu überleben", sagt La Hengst. "Es geht auch um Begriffsklärungen. Was ist überhaupt Kultur? Es geht um Sprache, Rituale, Religion, Alltägliches und Geschichten, die Menschen in sich tragen."

Das soll trotz der Schulsituation auf der Bühne nicht in spröde Didaktik ausarten. "Es wird mal sachlicher und mal experimenteller verhandelt. Kultur erfährt man durch sinnliches Erleben und nicht durch Auswendiglernen", meint die Theatermacherin. Sie zeigt ein nigerianisches Ibo-Ritual von der Mästung der Jungfrauen und einen türkischen Sprachkursus. Bei Probenbeginn wurde drei Wochen lang erst mal ausgiebig gekocht. Um sich gegenseitig kennenzulernen. Anschließend führte Bernadette La Hengst ausführliche Interviews, aus denen sie den Text entwickelte. In der Aufführung ist auch der Zuschauer aufgefordert, Fragen zu beantworten oder zu tanzen.

Schon für ihre Theaterarbeiten in Berlin, Bochum oder Freiburg arbeitete Bernadette La Hengst mit Laien zusammen, mit Obdachlosen für eine Bettleroper, mit Insassen eines Jugendknasts oder mit Bewohnern eines Altenheims. "Für mich ist das eine praktische, sinnliche Uni, im Leben und in der Kunst Menschen zu begegnen, die ich sonst nie kennengelernt hätte", sagt sie. In "Integrier mich, Baby!" wird sie auch neue Songs präsentieren. "Der Abend muss gut aussehen und sich gut anhören und Spaß machen, kurz, es muss rocken. Das ist, was ich am besten kann."

Integrier mich, Baby! Uraufführung So 23.10., 20.00, 29.10., 7.11., 1.12., Garage im Thalia in der Gaußstraße (S Altona), Gaußstraße 190, Karten unter T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de