Der Psychothriller “Die Haut, in der ich wohne“ glänzt mit kühler Eleganz

Von den grellen Frauenporträts seiner frühen Jahre, all den "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs", hat sich der spanische Regisseur Pedro Almodóvar längst entfernt. Inzwischen gilt er als Experte für Menschen, die sich im falschen Leben bewegen und, sofern sie nicht aus ihrer Haut können, in unterschiedlichem Grade bizarren Vorlieben frönen.

Mit seinem 18. Film "Die Haut, in der ich wohne" liefert Almodóvar ein neues Meisterwerk der Verschachtelung, der verstörten Erotik und seltsam innerlich erkalteten Figuren ab. In der Verfilmung des 1984 erschienenen Thrillers "Tarantula" von Thierry Jonquet mimt Antonio Banderas einen Schönheitschirurgen, der für das perfekt manipulierte Design gegen herrschende moralische Normen verstößt.

Die einzige Patientin seiner Klinik schottet er in einer Art Verlies ab, gibt ihr das Gesicht seiner verstorbenen Frau. Lange bleibt für den Zuschauer im Dunkeln, welches Geheimnis die beiden darüber hinaus verbindet. Als die rätselhafte Vera, gespielt von Elena Anaya, von dem kriminellen Sohn der Haushälterin sexuell bedroht wird, versucht sie zwar zu fliehen, bleibt dem Ort und dem merkwürdig schweigsamen Doktor dann doch auf seltsame Weise verhaftet.

Erst nach und nach enthüllt sich, dass Almodóvar hier erneut mit Geschlechteridentitäten spielt, allerdings anders als zuvor. Diesmal wird dem Äußeren Gewalt angetan und das Innere braucht einen langen Atem, um dagegen zu rebellieren. Hinter dem ehrgeizigen Skalpell-Künstler, den Banderas mit einer minimalistischen Grandezza mimt, die sich immer mehr an Cary Grant annähert, verbirgt sich ein zutiefst vom Schicksal gebeutelter Mensch, der sich naturgemäß in einer obsessiven Liebesgeschichte verstrickt.

Almodóvar ist noch immer dann am besten, wenn er mit unendlicher Zärtlichkeit für die Nöte seiner Figuren selbst verfasste Drehbücher verfilmt. Hier schichtet er mitunter plakative Szenen und reißerische Horror-Intros auf, doch so konstruiert und abseits des Realistischen diese Geschichte auf den ersten Blick scheinen mag, seine kalte Eleganz geht unter die Haut. Mehr kann man vom Kino nicht verlangen.

Bewertung: empfehlenswert

Die Haut, in der ich wohne Spanien 2011, 121 Min., ab 16 J., R: Pedro Almodóvar, D: Antonio Banderas, Elena Anaya, Marisa Paredes u.a., täglich im Abaton, Holi, Zeise; www.diehautinderichwohne.de