34 Jahre lang war Mathes Rehder geschmackssicherer Theater- und Filmkritiker des Hamburger Abendblatts. Am Mittwoch ist er gestorben.

Hamburg. 34 Jahre lang, von 1964 bis 1998, war Mathes Rehder der Theaterkritiker des Hamburger Abendblatts. Leise, geschmackssicher, unbeirrbar, kompetent, mit einem feinen Sprachgefühl. Und auch der Filmkritiker des Abendblatts war er. Jetzt ist Mathes Rehder im Alter von 78 Jahren in seinem Elternhaus in Wandlitz an Speiseröhrenkrebs gestorben.

Rehder, der in Berlin Kunsthandwerk studierte, pilgerte schon Ende der 50er-Jahre zu Gustaf Gründgens ans Deutsche Schauspielhaus nach Hamburg. Shaws "Helden" war seine erste Inszenierung hier, mit Heinz Reincke. Die Eintrittskarte vom 20. Oktober 1957 hob er auf. Schon einen Tag später saß er im "Entertainer", in dem Gründgens einen abgetakelten Komiker spielte. Claus Peymanns erste Regieversuche an der Studiobühne sah er. Schauspieler wie Elisabeth Flickenschildt, Will Quadflieg oder Werner Hinz gehörten zu seinem Alltag.

In den 70er-Jahren begleitete Mathes Rehder all die aufregenden, anregenden Inszenierungen. Schrieb in schönen Formulierungen Kritiken, in die man sich auch als Kritisierter verlieben konnte. "Zu keiner Zeit war das Theater so lebendig", sagte er später und meinte damit Zadeks "Othello", Heisings "Stallerhof" mit der nackten Eva Mattes, die bunten Spektakel von Jérome Savary. Über Ilse Ritter, Ulrich Wildgruber, Ulrich Tukur oder Hermann Lause schrieb er damals: "Mein Leben wäre ärmer ohne sie."

Rehder traf auch Alfred Hitchcock, Roman Polanski oder Ingrid Bergman. 1990 beschrieb er von den Filmfestspielen in Venedig aus den damaligen Inbegriff des Verführers: "Warren Beatty betrat den Filmpalast im Macho-Schritt, als hingen ihm die Glocken von San Marco zwischen den Beinen." Ja, formulieren, das konnte er.