Geschichte wurde beim Deutschen Fernsehpreis als bester Fernsehfilm ausgezeichnet. Vorweggenommen: Es gibt viele Gründe, enttäuscht zu sein.

Die Handlung des Fernsehfilms "Homevideo" ist schnell erzählt: Schüchterner Junge filmt gerne mit seiner Videokamera. Eines Tages filmt er sich beim Onanieren. Seine Mutter verleiht die Kamera an Schulkameraden. Einer davon stellt das Video ins Internet. Junge wird in der Schule und im Netz gemobbt. Junge bringt sich um.

Da "Homevideo" mit dieser zeitgenössischen Geschichte beim Deutschen Fernsehpreis als bester Fernsehfilm ausgezeichnet wurde und noch dazu Jonas Nay, der den Schüler spielt, den Förderpreis bekommen hat, kann man von dem in Hamburg gedrehten Film einiges erwarten. Um es vorwegzunehmen: Es gibt viele Gründe, enttäuscht zu sein.

Für den Film spricht alles, was den Film an sich ausmacht. Jonas Nay spielt wirklich sehr, sehr gut. Er spielt den erst Schüchternen, den auch Hoffnungsvollen, den manchmal Aggressiven, den tief Erschütterten. Auch Sophia Boehme, die Hannah gibt - das Mädchen, in das sich der Junge verliebt hatte und das ihn nach der Veröffentlichung des Videos schneidet -, spielt ihre Rolle hervorragend. Die Bilder, die der Film von der Stadt und vom Hafen zeigt, sind stimmungsvoll, mal warm, mal bedrohlich; der Kamera von Benedict Neuenfels gebührt dafür viel Lob.

Was gegen "Homevideo" spricht, ist alles andere, nämlich: wie schlecht der Film seine Geschichte erzählt. Als wäre die Story um den Teenager, der von seinen virtuell angestachelten Schulkameraden in den Tod getrieben wird, nicht stark genug, müssen sich seine Eltern auch noch trennen. Warum? Warum darf der Junge kein intaktes Elternhaus haben? 90 Minuten lang trauen die Autoren und Filmemacher der Wucht ihrer Geschichte nicht, und am Ende - als jeden interessiert, was der Junge denkt und fühlt - geht es fast nur noch um die Eltern. Sie reden, der Schüler schweigt.

Außerdem: das böse Internet. Die Gefahr hinter sozialen Netzen. Das sind spannende Themen. Und was macht der Film? Verhandelt sie während eines Elternabends in der Schule. Was klingt wie ein schlechter Leitartikel. "Das ist wirklich ein Problem", sagt ein Vater während des Treffens, "das Internet ist ja eine Parallelwelt und ein rechtsfreier Raum noch dazu. Wir haben keinerlei Kontrolle." "Das ist ein schönes Thema fürs Feuilleton!", ruft ein anderer - "aber wir haben hier einen konkreten Fall." Wäre schön gewesen, wenn die Macher von "Homevideo" sich auf den konzentriert hätten.

Homevideo Mittwoch 20.15 Uhr ARD