Der kabarettistische Liederabend “Sehnsucht“ im St.-Pauli-Theater zeigt, was Frauen auch noch wünschen. Zur Freude des Publikums.

Hamburg. "Hier ist alles anders, die Bühne ist kleiner, es ist eine neue Herausforderung", offenbarte Gerburg Jahnke einer Bekannten kurz vor Beginn der Vorstellung. Aber dass die Hamburger kühler seien als in ihrer Heimat Oberhausen? "Ich glaube nicht, dass das stimmt", sagte die Regisseurin von "Sehnsucht" vor der Hamburg-Premiere im St.-Pauli-Theater.

Jahnkes Gespür für Szenen, Geschichten, Songs und Stimmungen zum Thema Frauendasein und Männerfrust sollte auch diesmal nicht trügen. Am Ende stand die Kabarettistin als Fünfte inmitten ihres Ensembles, das mit Standing Ovations vom hanseatischen Publikum gefeiert wurde.

Das setzte sich an diesem Abend zu 80 Prozent aus Frauen in den besten und allerbesten Jahren zusammen. Ob nun mit oder ohne Prosecco, allein oder in Grüppchen - auch die (Quoten-)Männer hatten ihren Spaß an einer spritzigen Mischung aus Lieder- und Kabarettabend. Er läuft seit einem Jahr im Oberhausener Kleinkunst-Tempel Ebertbad wie geschnitten Brot.

Auf der Suche nach "Sehnsucht" begegnen sich vier ganz unterschiedliche Weibsbilder nicht etwa beim Bäcker, sondern im Wartezimmer eines Gynäkologen. Die 17-jährige Arzthelfer-Praktikantin Chayenne, verkörpert von Schauspieler Nito Torres, die vermeintlich schwangere und biedere Frau Schmidt (Carmela De Feo), die gestandene Business-Lady Frau Wollemann (Constanze Jung) und die strenge Naturliebhaberin Frau Zänker.

Die mit 57 Jahren Älteste der Sehnsuchtsvollen gibt Stephanie Überall. Gerburg Jahnkes ehemalige dünne Hälfte im populären Satire-Duo Missfits spielt unter ihrer grauen Perücke beim Hamburger Bühnen-Comeback nach sechseinhalb Jahren Abstinenz ihre ganze komische Palette aus. Im Wartezimmer beansprucht sie ihren Stammplatz vor der Untenrum-Inspektion oder regt sich über "kassenferne Zusatzleistungen" auf. Überalls "Ich bin jetzt dran!" nach der Melodie von Gloria Gaynors "I Will Survive" ist nur einer der peppigen Coversongs mit komischen deutschen Texten. Vom Stimmvolumen und auch optisch ragt die ausgebildete Sängerin Constanze Jung heraus - Donna Summers "Hot Stuff" wird bei der Strumpf-Dame zu "Blickdicht".

Indes macht vor allem das Zusammenspiel aller vier den zweiten Teil zur amüsanten Reise in die weite Welt der weiblichen Sehnsüchte. Carmela De Feo, dank ihrer Kabarett-Figur "La Signora" bekannt, träumt im Wohnwagen von Italien, steht aber musikalisch mehr auf "Carmen". Ihre Frau Schmidt sagt: "Mein Schwangerschaftstest ist negativ." "Ein Junge!", stänkert Frau Zänker sogleich. Wer als Mann dieser Art Humor nicht verträgt, sitzt bei "Sehnsucht" ohnehin falsch. Hier gilt "Führerschein statt schwanger sein". Und sogar bei Frau Zänker blüht die "Blume der Leidenschaft" noch - falls sie nicht "Rücken" hat.

"Sehnsucht" bis Sa 22.10., jew. 20.00, St.-Pauli-Theater, Karten zu 15,90 bis 35,90 unter T. 47 11 06 66; www.st-pauli-theater.de