Die Feierlichkeiten anlässlich des 200. Geburtstags von Franz Liszt sind in vollem Gange, doch das noch um einiges gewichtigere Jubiläum seines keine zwei Jahre jüngeren Schwiegersohns Richard Wagner am 22. Mai 2013 wirft schon jetzt seine lichtvollen Schatten voraus. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB), das unter der Leitung seines ebenso charismatischen wie scheuen Chefdirigenten Marek Janowski bis zum Jubeljahr die zehn bedeutendsten Musikdramen des Meisters auf CD herausbringen will, hat den Stapellauf der Serie jetzt mit einem äußerst markanten, klanglich souverän ausbalancierten Live-Mitschnitts des "Fliegenden Holländers" aus dem Konzerthaus Berlin begonnen.

Was die Aufnahme von den meisten anderen Opern-Mitschnitten grundsätzlich unterscheidet, ist der Verzicht auf alles Szenische; Janowksi, der seine Karriere einst im Operngraben begann, möchte sich bei seiner Wagner-Serie allein auf die Musik konzentrieren. Wir hören also nicht den Soundtrack zu einem von einem Regieteam gestalteten Bühnengeschehen, sondern die sorgfältige Aufnahme eines rein konzertanten Ereignisses - Oper als weltlich-mythisches Oratorium.

Entsprechend üppig und differenziert blüht hier der Orchesterklang; die verlebendigte Notenschrift wird zur aufregenden, aufwühlenden Seelenreise mit hörbarem Echtzeitcharakter. Albert Dohmen gibt den Holländer, Matti Salminen den Daland, Ricarda Merbeth mit leider oft allzu weit ausschwingendem Vibrato die Senta. Robert Dean Smiths Erik nimmt mit Süße, Kraft und Redlichkeit für sich ein.

RSB & Marek Janowski: Richard Wagner "Der fliegende Holländer" (PentaTone)