Wer Fanfare Ciocarlia zu Hause besuchen wollte, hätte es schwer. Heute spielt die Kapelle in Hamburg

Fabrik. In Rumänien verstecken sich hinter dem Begriff Fanfare keine livrierten Blechbläser, die gekrönte Häupter ankündigen, sondern ganze Kapellen von Roma, die temporeiche Rhythmen aus Trompeten, Tubas und artverwandten Instrumenten in die Welt pusten. Es sind Hobbymusiker, die zu Dorffesten und anderen Anlässen spielen; so lange Schnaps und Schweiß in Strömen fließen, so lange die Menschen tanzen.

Fanfare Ciocarlia, eine dieser Verkörperungen des blechbläserischen Ausnahmezustandes, wurde vor 15 Jahren vom deutschen Toningenieur Henry Ernst entdeckt. Als Ernst 1996 im Dorf Zece Prajini ankommt, gibt es dort weder Telefon noch einen Bahnhof. Bloß eine ziemlich baufällige Brücke, die den Zug zum Abbremsen zwingt. Ernst macht es wie andere Reisende, die in das Örtchen wollen. Er springt ab.

Und entdeckt dort die Fanfare Ciocarlia. Das Tempo und die Energie der Musiker fesseln den Berliner dermaßen, dass er sich daranmacht, einen Auftritt in Deutschland zu organisieren. Der Rest der Geschichte hört sich an wie ein Pop-Märchen: Die Fanfare wird für Weltmusikfestivals und Tourneen gebucht, saniert im Alleingang ihr Heimatdorf und steuert Filmmusik zu Fatih Akins "Gegen die Wand" und der Nonsens-Doku "Borat" des britischen Komikers Sacha Baron Cohen bei.

Einige Dinge ändern sich jedoch nicht. Noch immer spielen die Musiker auf ihren arg zerbeulten, alten Instrumenten. Und noch immer gibt es in Zece Prajini keinen Bahnhof. Neugierige Touristen kommen mit dem Bus. Oder sie springen vom Zug; so wie Henry Ernst vor 15 Jahren.

Fanfare Ciocarlia, 21.00, Fabrik (S Altona), Barnerstraße 36, Karten zu 18,50 an der Abendkasse; www.fanfare-ciocarlia.com