Magnus Gerdsen, unsere Galerie der Woche, zeigt selten zu sehende Werke, Aquarelle und Gemälde, einer Privatsammlung aus der Hamburgischen Sezession.

Galerie Gerdsen. Spät erst entschloss sich Hamburgs Künstlerschaft zu einer Sezession, zur Abwendung von vorherrschenden Auffassungen in der Kunst. Was sich in Wien, München und Berlin bereits vor dem Ersten Weltkrieg ereignet hatte, vollzog sich hierzulande anno 1919. Einen kleinen Querschnitt durch die heterogene Gruppe der Hamburgischen Sezession und ihr künstlerisches Umfeld zeigt aktuell die Galerie Magnus Gerdsen. Die ausgestellten Grafiken, Aquarelle und Gemälde stammen allesamt aus einer Hamburger Privatsammlung und belegen, wie sehr den Sezessionisten an einem Pluralismus des Ausdrucks gelegen war.

In puncto Sezession war Hamburg ein Spezialfall. Von einer Bevormundung des Staates oder vom Diktat akademischer Kunstleitlinien, die Vorkriegs-Sezessionen aufkündigten, war hier keine Rede. Eher im Gegenteil. Was die Künstler in ihrem Manifest beklagten, war das Fehlen einer Akademie wie überhaupt jeglicher Form eines künstlerischen Nährbodens. Dem Künstler, schrieben sie, sei es eine "Lebensnotwendigkeit, um sich ein Milieu zu haben, in dem er geistige Reibung, Verständnis und damit Unterstützung zum mindesten bei Gleichgesinnten findet. In Paris, München, Berlin findet der Künstler diese Atmosphäre. In Hamburg vermißt er sie." Gut möglich, dass sich in diesen Worten der eine oder andere Zeitgenosse wiedererkennt.

Duldsamkeit war ein Schlüsselwort der Sezessionisten, genauer "Duldsamkeit gegen jede Richtung". Nicht ein Stil - wie in Wien der Jugendstil - wurde begünstigt, stattdessen wurde eine Vielfalt toleriert und gefordert. Dennoch zeigten sich die frühen Sezessionisten häufig durch den Expressionismus geprägt, wie die aktuelle Ausstellung beweist. Emil Maetzels stummes, ein wenig traurig blickendes "Junges Paar" von 1922 folgt in seiner kantig-spitzen und vertikalen Formsprache ganz dem Duktus der Expressionisten. Holzschnitte von Kurt Löwengard oder Karl Opfermann zeigen sich durch das hinlänglich bekannte Explosionsgefüge im harschen Schwarz-Weiß der Expressionisten beheimatet. Aber es gibt auch andere Richtungen wie Dorothea Maetzel-Johannsens heiterer, mit feinem Humor unterlegter "Entwurf zu einem Triptychon" (1922). Das ganz und gar profane Thema der modernen Freizeitbeschäftigung geht die Künstlerin mit dem Ernst sakralen Anmuts an. Die Motive "Urlaubsplanung" sowie "Heimkehr und Erinnerung" verlagert sie auf die Seitenflügel, während die "Urlaubsimpressionen" mit Blick auf vorbeiziehende Segelschiffe den Mittelteil einnehmen. Man hätte es gern in Öl ausgeführt gesehen, wozu es aber nie kam. Doch auch im großformatigen Aquarell ist der feine Witz der Künstlerin zu erkennen.

Neben den heute weniger bekannten Namen steht die Sezession ebenso für eine Reihe prominenter Künstler und Künstlerinnen. Auffallend ist hier ein Blatt von Anita Rée mit dem Motiv eines Hauses im italienischen Positano, ganz im Stil der Neuen Sachlichkeit gehalten, der sich später etliche Sezessionisten zuwandten. Oder der "Blick auf die Alster" (1932) von Willem Grimm, der der linearen, an Edvard Munch angelehnten Formsprache der Hamburger Vereinigung in ihren letzten Jahren folgt. Weitere Bilder stammen von Eduard Bargheer, Arnold Fiedler oder Alma del Banco, wenn auch nicht immer aus der kurzen Zeitspanne der Sezession.

1933 löste sich die Gruppe unter dem Druck der Nationalsozialisten und deren Anweisung, ihre jüdischen Mitglieder auszuweisen, selbst auf. Nicht wenige gingen daraufhin in die innere wie äußere Emigration. Auch Freitod oder Mord im KZ besiegelte das Schicksal einiger Mitglieder der Sezession, die sich zu ihrem Beginn die Toleranz auf die Fahne geschrieben hatte.

"Die Hamburgische Sezession" - Wegbereiter und Zeitgenossen aus einer Hamburger Privatsammlung, bis 19.11. Galerie Magnus P. Gerdsen (Bus 109), Mittelweg 152, Di-Fr 11.00-18.30, Sa 11.00-14.00 und nach Vereinbarung, T. 27 73 89; www.galerie-gerdsen.de