Hamburg. Atemberaubend. Sensationell. Weltklasse. Anders lässt es sich kaum beschreiben, was das Belcea Quartet beim Auftakt seines Beethoven-Zyklus im kleinen Saal der Laeiszhalle aus den Saiten zauberte. Den "Mount Everest der Kammermusik" haben die Musiker mühelos erklommen. Hellwach und hoch konzentriert bis in die Bogenhaarspitzen spürten die vier Streicher jeder noch so kleinen Nuance der Partituren nach - und enthüllten dabei Beethovens unerschöpflichen Reichtum an Farben und Emotionen: Die beinahe haydnsche Eleganz und Süße im frühen Quartett op. 18,3, die am Ende kurz in grimmigen Ernst umschlägt, aber auch jene explosive Energie, die unter der freundlichen Oberfläche des "Harfenquartetts" op. 74 brodelt.

Die Risikofreude des Ensembles, seine Bereitschaft, von einer Millisekunde auf die nächste plötzlich den Tonfall zu wechseln, kam schließlich auch dem Spätwerk op. 130 mit seinem schroffen Kontrastreichtum zugute. Da zerhackten die Interpreten in einem Moment klassische Motivstrukturen in kleinste Partikel, um anschließend den innigsten Gesang zu verströmen - wie in der Cavatina, deren Pianissimo-Stellen die Geigerin Corina Belcea ganz nahe am Griffbrett säuselte, als würde ihrem Instrument gleich die Stimme brechen. Zum Heulen schön, diese Mischung aus Intimität und Intensität. So klingt der Beethoven des 21. Jahrhunderts. Den zweiten Termin des Zyklus am 7. Dezember sollten wir uns also schon mal ganz fett einkringeln.