Wer auf dem Besetzungszettel des "Faust" den Namen Patrycia Ziolkowska liest, denkt sofort: Die muss das Gretchen sein. Das Gretchen spielt sie auch, aber am Theater des Regisseurs Nicolas Stemann ist nichts mehr so, wie Schulweisheit sich das einst träumen ließ. In seiner Neun-Stunden-Version von Goethes "Faust I und II", die am Freitag im Thalia Premiere hatte, schlüpft Patrycia Ziolkowska spielend und in fliegendem Wechsel in viele weitere Rollen.

1979 in Polen geboren, kam sie als Kind mit den Eltern nach Aachen. Ein Jahr vorm Abi, mit 17, schmiss sie das Gymnasium und ging lieber in Bochum auf die Schauspielschule. In ihrem Inneren, bekannte sie einmal, gebe es so etwas wie einen "doppelten Herzschlag" - den polnischen und den deutschen. Dieser Herzschlag pumpt einen besonderen Saft durch ihre Venen und Arterien, den der Vollblut-Schauspielerin. Patrycia Ziolkowska wurde geboren, um zu spielen - ob auf der Leinwand, für die Fatih Akin sie entdeckte ("Solino", "Auf der anderen Seite"), oder im Theater. Ihr Vater hat immer gesagt: Du bist ein Zigeunerkind. Doch seit zwei Jahren übt die herbschöne junge Frau mit den kreisrunden blauen Augen und dem blonden Strubbelkopf Sesshaftigkeit - in Eimsbüttel.