Die Band Gus Gus gehört zu den erfolgreichen musikalischen Exportartikeln Islands. Am 4. Oktober schauen sie im Uebel & Gefährlich vorbei.

Islands Banken waren schon lange vor den Griechen pleite, die Vulkane mit den Zungenbrechernamen Eyjafjallajökull und Grimsvötn legten eine Zeit lang den Flugverkehr lahm und sorgten bei zahlreichen Reisenden für eine nicht eben willkommene Entschleunigung. In diesem Jahr ist der Inselstaat im Nordwesten Europas Gastland bei der Frankfurter Buchmesse, das Filmfest Hamburg wird ihm in den kommenden Tagen eine eigene Reihe widmen, und in der Popmusik werden wir fast von isländischen Bands überschwemmt. Die Kreativität muss bei den nur 320 000 Einwohnern extrem hoch sein. Einwohnermäßig vergleichbare Städte wie Mannheim, Bielefeld oder Gelsenkirchen können da bei Weitem nicht mithalten.

Die Stars der isländischen Szene sind die Sängerin Björk und das zauberhafte Ensemble Sigúr Ros, doch auch Gus Gus zählt seit nunmehr 15 Jahren als feste Konstante zu den begehrten Exportartikeln in Sachen populärer Musik. Das Kollektiv hat sich durch einen Zufall zusammengefunden. 1995 wollten Sigurdur Kjartansson und Stefán Árni Porgeirsson einen Kurzfilm mit dem Titel "Pleasure" drehen, doch mitten in den Dreharbeiten ging ihnen das Geld aus.

Also hatten sie die Idee, einen Soundtrack zum Film zu veröffentlichen, um finanziell wieder flüssig zu werden. Das Debütalbum erschien in einer geringen Auflage von nur 1000 Exemplaren, doch es erregte mit seinem Mix aus Jazz, Rock und Elektro die Aufmerksamkeit englischer Plattenfirmen. Nur ein Jahr später unterschrieb Gus Gus einen Vertrag beim renommierten Underground-Label 4AD. Der Name des Ensembles ist übrigens nicht der isländischen Sprache entlehnt, sondern einem Film Rainer Werner Fassbinders von 1974.

In dessen Melodram "Angst essen Seele auf" wurde arabisches Couscous zubereitet, in der weichen Aussprache der Schauspielerin Brigitte Mira klang es wie "gusgus". Das Wort gefiel den isländischen Cineasten so gut, dass sie es als Bandnamen wählten.

Acht Alben hat das Kollektiv bisher veröffentlicht und dabei eine ganze Reihe von Bandmitgliedern ausgewechselt. Zur aktuellen Besetzung gehören der Sänger Daníel Ágúst Haraldsson und die Elektro-Frickler Birgir "Biggi Veira" Pórarinsson und Stephan "President Bongo" Stephensen. Auch musikalisch hat Gus Gus so manchen Sprung hinter sich, wobei die Band immer zum Elektro-Genre zählte. Die Alben "Attention" (2002), "Forever" (2007) und "24/7" (2009) sind sehr technolastig, als Techno/Soul bezeichnen die Gus-Gus-Musiker selbst ihren Stil.

Das aktuelle Werk "Arabian Horse" öffnet sich wieder etwas und integriert Instrumente wie Banjo, Akkordeon und Geigen in den Synthesizer-Sound. Die Bandbreite der Kompositionen ist wieder etwas größer geworden und konnte deshalb auch den Passagieren der isländischen Fluggesellschaft Icelandair zugemutet werden. Einen Monat vor Erscheinen des Albums im Mai 2011 erlebte "Arabian Horse" seine Premiere über den Wolken in 11 000 Meter Höhe.

So ähnlich wie die Fluggesellschaft klingt auch der Name eines Musikfestivals, das im Oktober auf Island einen Überblick über die dortige Szene gibt: Island Airwaves. Auch dort wird Gus Gus in diesem Jahr spielen, genauso wie viele der Bands, die jüngst beim Reeperbahn-Festival dabei waren: Dikta, Apparat Organ Quartet und Retro Stefson etwa. Wer noch mehr über Islands pulsierende Szene erfahren will, sollte sich beim Filmfest Hamburg die Dokumentationen "Pop in Reykjavik" und "Backyard" ansehen. Dort kann der geneigte Hörer sehen und hören, wie Innovation klingt.

Gus Gus Di 4.10., 21.00, Uebel & Gefährlich (U Feldstraße), Feldstr. 66, Karten zu 26,40 im Vvk.; Internet: www.gusgus.com