Ich komme aus einem kleinen beschaulichen Dorf namens Burg in Dithmarschen, das 690 Kilometer Luftlinie vom popkulturellen Epizentrum London entfernt liegt. Nach Wacken sind es hingegen nur 7,5 Kilometer, womit meine musikalische Sozialisation eigentlich schon vergeben war. Es sollte aber anders kommen. Während die Metaller und Punks in unserem Ort sich mehr über den Konsum von billigem Dosenbier definierten denn über neue und spannende Musik, verlor ich mein Herz an den britischen Indie-Rock.

Durch MTVs "120 Minutes" stieß ich 1992 auf Ride. Das waren vier Milchgesichter aus London, deren medialer Hype lauter war als die kreischenden Gitarren von Megadeth: Dadurch kam ihre Musik auch in die Niederungen der schleswig-holsteinischen Provinz. Mit ihrem Album "Going Blank Again" bauten sie turmhohe Gitarrenwände auf, zu denen man nur ehrfurchtvoll aufblicken konnte. Ein paar Jahre später löste sich die Band auf. Sänger Andy Bell zupfte fortan den Bass bei Oasis und verdingte sich zuletzt eher schlecht als recht bei der Pub-Rock-Band Beady Eye, während Songschreiber Mark Gardener mediokre Solo-Alben veröffentlichte. Für mich sind die beiden dennoch Helden geblieben, die die Tür in ein neues Universum aufstießen, in dem ich mit My Bloody Valentine, The Verve und Slowdive viele neue Freundschaften für die Ewigkeit schloss.

"Going Blank Again" war die zweite CD von Ride. Sie erschien 1992, als der Shoegazer-Pop so richtig en vogue war.