“Blind Date“, das Spiel um gute und böse Retortenbabys am Fährhaus, verläuft zu brav und banal

Hamburg. Männer wollen Weltenschöpfer spielen. Ein uralter Fehler. Dass sie sich nicht allein fortpflanzen können, ist ihr wunder Punkt und der eigentliche Antrieb aller Reproduktionswissenschaften. Wenn nun noch eine Frau die Entdeckung macht, künstliche Embryonen in "extrakorporaler Schwangerschaft motorisch reifen" zu lassen, ist das ein noch härterer Schlag. Die narzisstische Kränkung bringt sogar Gott und Teufel auf Trab, wie Ana-Maria Bamberger in ihrer Versuchsanordnung eines "Blind Date" zwischen satanischen und wissenschaftlichen Mächten vorführt. Hartmut Uhlemann inszeniert die Uraufführung des Wettspiels um gute und böse Retortenbabys für das "Kontraste"-Programm der Winterhuder Komödie.

Amüsant und sarkastisch demonstriert Bamberger in ihrem Teufelspakt-Exempel à la "Faust", dass Wissenschaft und Weisheit wenig miteinander zu tun haben. Der rätselhafte Herr M. braucht Frau Professor S. bloß den Nobelpreis in Aussicht zu stellen, schon hat er mit dem Männertraum die einsame, ehrgeizige und verklemmte Labormaus herumgekriegt und ihre blutige Unterschrift unter dem dunklen Vertrag. Anne Molls Forscherin, hin- und hergerissen zwischen Aussicht auf plötzliche Liebe und unverhofften Ruhm, geht bereitwillig Tommaso Cacciapuotis charmant-zynischem, scheinbar harmlosen Jung-Mephisto auf den Leim: Ihr wunder Punkt ist der, aus dem "alle Weiber zu kurieren sind", wie es Mephistopheles dem Schüler in Goethes "Faust" verklickert. Sein Zauberlehrling M. legt mit dem androgynen Adlatus Azazel die Fallen für die standhafte Professorin aus. Dafür schlüpft Georg Lippert in die Gestalt eines wienernden Kellners, gibt auch den zwielichtigen Assistenten der skeptischen Frau und den gefallenen Erzengel. Aber ein schwuler, schillernder Dämon ist Lippert leider nicht.

Bambergers abgekartetes Spiel, in dem das Böse nach überlieferter Schwank-Tradition im Dienst des Guten doch wieder den Kürzeren zu ziehen hat, verläuft zu banal und brav für eine teuflische Farce. Das leichtgewichtige Stück hätte vielleicht noch eine Chance als hocherotische Posse. Die beiden belzebübischen Schauspieler in Uhlemanns solider, doch zaghaft netter Regie sind zwar bezaubernd, aber anzügliches Flirten reicht in diesem Fall nicht aus. Beim Dating des Dreier-Gespanns müsste es unterschwellig frivol und diabolisch derbe funken. Die Figur des Teufels erfordert einen ganzen Kerl. Denn die eigentlich böse Pointe von Bambergers Experiment ist doch: Die fehleranfällige Form der Fortpflanzung durch den guten alten Sex triumphiert über Ratio und wissenschaftlichen Fortschritt.

"Blind Date" bis 12.11. Theater Kontraste in der Komödie Winterhuder Fährhaus, T. 48 06 80 80