Lisa Politts neues Programm “Wie geht's uns denn?“ hat heute im Haus am Steindamm Premiere

Polittbüro. Seit Anfang dieser Woche, als Kleinkunstpreisträger Horst Evers mit seinem Programm "Großer Bahnhof" die Spielzeit äußerst unterhaltsam eröffnete, herrscht wieder reger Betrieb am unteren Ende des Steindamms. Zwar hat das Savoy-Kino schräg gegenüber nur noch bis Ende Oktober geöffnet. Im Polittbüro jedoch wollen die Betreiber Lisa Politt, Deutsche Kabarettpreisträgerin 2003 und Kleinkunstpreisträgerin 2005, und Gunter Schmidt über die neue Spielzeit hinaus ihren Spott treiben sowie Künstler aus der ganzen Republik begrüßen.

Nachdem Politt und Schmidt 70 000 Euro aus dem Privattheatertopf der Kulturbehörde zugesagt bekommen haben, gibt es jetzt via Bezirk Mitte positive Signale, die fehlenden 30 000 Euro im Polittbüro-Etat aufzubringen. Die Stadtentwicklungsbehörde könnte eine Anschubfinanzierung für das Theater in St. Georg leisten, damit sich das kleine Haus etwa erstmals einen hauptamtlichen Techniker leisten kann. Die veralteten Kino-Sitze im einstigen "Neuen Cinema" hatten Politt und Schmidt, seit 27 Jahren auch als Duo Herrchens Frauchen bekannt, schon in der vergangenen Saison erneuert - zunächst auf eigene Kosten.

Verglichen mit den Nöten eines Staates respektive Europas sind das Peanuts. Aber auch das Kabarett lebt von Gegensätzen. Trotz der Sorgen um den Fortbestand ihrer Bühne hat sich Lisa Politt in der Sommerpause auch übers große Ganze Gedanken gemacht und ein neues Programm geschrieben: "Wie geht's uns denn?" Nicht ohne zuvor zu registrieren, dass den Deutschen Helmut Kohl und sein Anhang immer noch etwas bedeuten. Denn auf den Bestsellerlisten standen monatelang zwei Bücher über das Leben der Kohls ganz oben: Walter Kohls Werk "Leben oder gelebt werden" als Abrechnung mit dem Vater und Heribert Schwans "Die Frau an seiner Seite" als Biografie über Hannelore Kohl, die sich 2001 das Leben genommen hatte.

"Weshalb beschäftigt sich diese Gesellschaft damit? Was steckt dahinter für eine Sehnsucht?", fragte sich Politt.

Kohl als Vorbild, Hannelore als Konzept?

Der vor fast 30 Jahren als "Birne" verspottete spätere "Bimbes-Kanzler" gilt vielen immer noch als Autorität, er ist der (Über-)Vater der Einheit und des Euro. "Seine Erben reiten uns in die Grütze, und das stelle ich im neuen Programm dar", zieht Politt daraus ihre künstlerische Freiheit. Dafür schlüpft die vom Feminismus geprägte Kabarettistin in eine bestimmte Rolle. "Diesmal stelle ich auf der Bühne eine Frau dar, die sich fragt, ob das Frauenbild von Hannelore Kohl weiter führt als das von Heidi Klum", erläutert Politt.

Hannelore Kohl, Tochter eines NSDAP-Mitglieds und Munitionsfabrik-Direktors, hatte einst gesagt: "Wann immer mein Mann nach Hause kommt - der Hund freut sich. Ich habe in dieser Beziehung sehr viel von unserem Hund gelernt." Und Model-Mutti Heidi Klum sagt anno 2011: "Die Mädchen können heute alle Facetten ihrer Persönlichkeit zeigen. Sie können posen im Liegen, im Stehen, auf dem Bauch oder auf dem Rücken."

Klar, dass derlei Originalzitate bei Lisa Politt Hohn und Spott ernten. Und so wird sie in ihrem neuen Programm zwischen Aussitzen und Perücke-Aufsetzen wandeln. Dass sie ganze Abende allein trägt, hat die 54 Jahre alte Kabarettistin bereits in ihren vorigen Soloprogrammen "Marika Rökk - eine Zwangs-Vorstellung", "Rache" und "Gott der Herr hat sieben Zähne" gezeigt. In ihrem bisher letzten dozierte sie als Alt-68er-Soziologin Dr. Semisch-Brendel vor ausländischen Mitbürgern "von der Überlegenheit der westlichen Zivilisation".

Denkt man an die aktuelle Entwicklung, ist es mit Letztgenannter nicht mehr ganz so weit her. "Muss man sich nur rechtzeitig vom Acker machen, damit man selbst als Macher und die Nachfolger als Versager dastehen?", fragt Politt. Die Antworten liefert sie ab heute. In ihrem eigenen Haus.

Wie geht's uns denn ...? Fr 23.9.-Sa 8.10., täglich außer So u. Mo, jew. 20.00, Polittbüro (U Lohmühlenstraße), Steindamm 45, Karten zu 15,-/erm. 10,- unter T. 28 05 54 67; www.polittbuero.de