Die A-cappella-Comedy-Gruppe braucht einen Nachfolger für Sören Sieg. Diese Woche singt die Band im Lustspielhaus.

Lustspielhaus. Ein Tisch mit vier Stühlen steht in der Mitte des Saals. Ein Stuhl bleibt frei. Es hat etwas Symbolisches. An diesem Freitag setzen sich auf der Bühne im Bürgertreff in Altona-Nord mehrere Männer dazu. Alle stellen sich den Fragen einer aparten Brünetten, eines charmanten Blonden und eines lässigen Langhaarigen: Sanna Nyman, Tobias Hanf und Jan Melzer sind quasi ihre eigene Jury. Gesucht wird - ein neuer Tenor. Nicht für irgendeine Casting-Show, die die Welt weder braucht noch bisher gesehen hat, sondern für LaLeLu. Das Hamburger A-cappella-Comedy-Quartett ist im Umbruch, nachdem Sören Sieg, 44, kreativer Kopf und Arrangeur der populären Combo, seinen Ausstieg als Sänger zum Juni 2012 angekündigt hat.

Das war für alle zunächst ein Schock. Schließlich hat Sieg alle bisherigen zehn Programme geschrieben. "Ohne Sören klafft natürlich ein großes Loch", räumt Tobias Hanf ein. Der Bass, Bariton Jan Melzer und Tenor Sieg kennen sich seit 18 Jahren. Sie waren im gleichen Semester auf der Hamburger Musikhochschule. Dort haben sie 1994 LaLeLu gegründet, benannt nach dem Schlaflied von Heinz Rühmann und Oliver Grimm aus dem Film "Wenn der Vater mit dem Sohne". 130 Auftritte pro Jahr von Flensburg bis Passau sprechen für ihren Erfolg. Das musikalische, parodistische und komische Spektrum LaLeLus hat sich mit Jazz, Pop, Volkslied (auch op Platt), Schlager, Hip-Hop bis hin zur Oper ebenfalls erweitert.

Das weiß auch Andreas, der sich beim Casting vorstellt. "Ich hab euch 'Misty' mitgebracht", sagt der Tenor. Gefühlvoll intoniert er den Jazz-Standard zu Klavierbegleitung. "Schöne Stimme!", meint Melzer. "Da hört man gern zu", ergänzt Hanf. Dann singen alle vier mit Mikro Siegs Komposition "Es ist, was es ist", ehe LaLeLus ironischer Hit "Ronald Pofalla - ein Tanzbodenknaller" folgt. Die Flamenco-Nummer mit Rhythmus-Wechseln, benannt nach Angela Merkels Kanzleramtsminister, hat es in sich. Einmal, zweimal, dreimal stimmen sie es an, beim dritten Mal perkussiver. "Als wenn wir das schon lange zusammen machen würden", lobt Hanf. Als "Stresstest" schließt LaLeLus Jahrhundertmedley mit Hits wie "Pigalle", "Blowin In The Wind" bis hin zu "Ein bisschen Haushalt" den Gesangsteil ab. "Es geht als A-cappella-Sänger immer auch darum, Instrumente nachzumachen", erklärt Melzer. Der vielseitige Bariton hat Saxofon und Klavier studiert und beherrscht noch weitere Instrumente. Hanf, der stets auch als Wortparodist glänzt, hat Querflöte und Klavier studiert, spielt zudem Kontrabass. Mezzosopranistin Sanna Nyman hat Geige studiert und trommelt.

Die Deutsch-Finnin kennt beide Seiten der Auslese. Als die LaLeLus 2007 eine Nachfolgerin für ihre zweite Sängerin Sonja Wilts suchten, setzte sie sich nach drei Casting-Runden durch. "Die wissen ja gar nicht, was sie hier machen", frotzelt Nyman in Richtung ihrer beiden Sangeskollegen.

"Der Satz zwischen Frauenstimme und hoher Männerstimme muss sich schließen, es darf keine Oktave dazwischenliegen", erklärt Hanf dem Bewerber Andreas. Auch wenn die erste Casting-Runde mit 15 Kandidaten noch nicht ganz beendet ist, darf der 32-Jährige zur zweiten Runde wiederkommen. Dann ist das Schauspielerische gefragt. Bis Ende des Jahres will LaLeLu einen Ersatz für Sören Sieg gefunden haben.

Sieg hält sich aus der Nachfolgersuche bewusst raus, sagt jedoch: "LaLeLu ist und bleibt mein Baby." Der dreifache Familienvater will weiter für die Gruppe schreiben, vom nächsten Sommer an aber nicht mehr mit auf Tour gehen.

Schon "nebenbei" hat er als Autor Bücher verfasst ("Schönen Sonntag"), zuletzt "Come in and burn out. Denglish - der Survival Guide" mit Jan Melzer. 2012 wird Sieg, Sohn des Satirikers Wolfgang Sieg, gleich zwei Romane im Ullstein-Verlag veröffentlichen. "Das ist für mich inzwischen eine größere künstlerische Herausforderung, als ein Lied zu schreiben", sagt Sieg. Die "Mischung aus Wigald Boning, Roger Willemsen und Freddie Mercury", als den ihn Melzer mal bezeichnet hat, kann im aktuellen LaLeLu-Programm "Pech im Unglück" indes noch mal seine großen Stärken als kleiner Filou und gewitzter Moderator zeigen. Darin geben Sieg und Co. A-cappella-Lebensberatung. In dieser Woche hat das Publikum im Lustspielhaus die Qual der (Aus-)Wahl.

Pech im Unglück Mo 19.9.-Fr 23.9., jew. 20.00, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstr. 53, Karten zu 18,- (erm. 12,-) bis 25,-: T. 55 56 55 56; www.almahoppe.de ; www.lalelu.de