Die Kunsthalle erinnert an ihren Mitarbeiter Wilhelm Werner, der Gemälde sammelte und Bilder vor den Nazis rettete

Kunsthalle. Kunstsammler entstammen meistens dem Bildungs- oder dem Großbürgertum. Ein Handwerker, der sich nicht nur für Kunst interessiert, sondern auch mit Künstlern befreundet ist und deren Werke engagiert sammelt, ist eine Ausnahmeerscheinung. Umso erstaunlicher erscheint die Leistung eines früheren Kunsthallen-Mitarbeiters, dem das Museum jetzt eine außergewöhnliche Schau widmet.

Gezeigt wird im Hamburger Gang eine repräsentative Auswahl der privaten Sammlung von Wilhelm Werner (1886-1977), der von 1914 bis 1952 in der Kunsthalle beschäftigt war, zuletzt als Hausmeister. Im Laufe seines Lebens hat Werner etwa 500 Gemälde und Arbeiten auf Papier zusammengetragen, vor allem Werke von Mitgliedern der "Hamburgischen Sezession".

Schon im ersten Saal der Schau wird deutlich, wie eng die Beziehungen zwischen dem Hausmeister und einigen Künstlern gewesen sind: Zu sehen sind eine bronzene Bildnisplakette von dem Bildhauer Friedrich Wield, die Werner im Profil zeigt, sowie Porträtzeichnungen und Aquarelle von Heinrich Stegemann. Dieser hat auch Werners Tochter Käthe und seine Schwiegereltern in Ölgemälden porträtiert.

Ausstellungskurator Ulrich Luckhardt, der durch einen glücklichen Zufall mit Werners Nachkommen bekannt wurde, erklärt, wie es dem Hausmeister gelungen ist, seine Sammlung aufzubauen: "Aufgrund seiner Funktion war er an der Neueinrichtung des alten Neubaus und an der Hängung von Ausstellungen beteiligt. Auf diese Weise ergab es sich, dass er häufig für Künstler Keilrahmen zimmerte, sie mit Leinwand bespannte und auf Wunsch einiger Maler auch Bilderrahmen baute. Als Gegenleistung erhielt er oft Kunstwerke, die mit der Zeit zu einer Sammlung anwuchsen."

Werner entwickelte künstlerische Vorlieben und dürfte, vor allem während der NS-Zeit, im Rahmen seiner eher bescheidenen finanziellen Möglichkeiten auch Kunst gekauft und verfemte Autoren damit unterstützt haben. Er erwarb ganze Werkgruppen von Heinrich Stegemann und Willem Grimm, zwei Künstler, mit denen er auch persönlich befreundet war. Aber auch viele andere Maler wie Eduard Hopf oder Fritz Flinte gingen in der Hausmeisterwohnung, die sich im Kunsthallen-Gründungsbau befand, ein und aus. Historische Fotos zeigen, dass Werner mit seiner Sammlung lebte: An den Wänden hingen zahlreiche Ölgemälde, während er sich zur Aufbewahrung der Grafik nach professionellen Gesichtspunkten einen Schrank zimmerte.

Werner bevorzugte gegenständliche Kunst, Freundschaften pflegte er vor allem mit Malern, die seiner Generation angehörten. "Er hat ganz sicher nicht aus repräsentativen Gründen Kunst gesammelt, sondern aus innerer Überzeugung", sagt Ulrich Luckhardt, der von Werners Nachkommen das großzügige Angebot erhielt, Werke für Ausstellungszwecke als Leihgaben nutzen zu können. Doch als Luckhardt die Sammlung, die noch heute erhalten ist und sich noch immer in Familienbesitz befindet, zum ersten Mal sah, entschloss er sich, sie selbst zum Thema einer Ausstellung zu machen.

Von der jüdischen Künstlerin Anita Rée besaß Werner nur ein einziges Bild. Wahrscheinlich unterhielt er zu ihr keinen engeren Kontakt, obwohl er ihre Kunst offenbar schätzte. Von der Malerin, die der "Sezession" angehörte und die sich schon 1933 aus Verzweiflung über die politische Entwicklung das Leben nahm, besitzt die Kunsthalle sieben Gemälde. Als eine Kommission 1937 die Bestände inspizierte, um Werke der "entarteten Kunst" zu konfiszieren, rettete der Hausmeister Rées Bilder, indem er sie in seiner Wohnung versteckte. Nach 1945 fügte er sie stillschweigend wieder in den Bestand der Kunsthalle ein.

Wilhelm Werner war kein Widerstandskämpfer, aber eine einrucksvolle Persönlichkeit, die Haltung bewiesen hat. Dass er Werke einer jüdischen Künstlerin vor dem Zugriff der Nationalsozialisten rettete, war ein Akt der Zivilcourage. Offiziell gedankt wurde es ihm auch deshalb nicht, weil er selbst kein Aufhebens davon machte. Die jetzige Ausstellung ist ein späte Würdigung für einen mutigen Menschen und außergewöhnlichen Kunstsammler.

Die Sammlung des Hausmeisters W. Werner bis 15.1.2012, Di-So 10.00-18.00, Do -21.00, Kunsthalle (S/U Hbf.), Glockengießerwall, Eintr. 12,-/5,-