Wolfgang Herles lädt ab Freitag im ZDF zur Literatursendung “Das Blaue Sofa“. Er tritt die Nachfolge der abgesetzten Sendung “Die Vorleser“ an.

Berlin. Bierbichler-Bewunderern muss man nicht sagen, wo Ambach ist. Die wissen, dass es am Starnberger See liegt, die fahren ab und zu hin, um "den Sepp" in seinem Gasthof an einem der alten Holztische sitzen zu sehen - wenn man reinkommt, gleich rechts.

Wolfgang Herles hat den berühmten Schauspieler, der angeblich nicht mehr auf der Bühne stehen will, natürlich auch in Ambach aufgesucht. Bierbichler ist einer der ersten Stars der neuen Literatursendung "Das blaue Sofa", die das ZDF heute startet. Schließlich hat der alte Grantler nach einer ersten Fingerübung aus dem Jahr 2010 ("Verfluchtes Fleisch") gerade seinen ersten Roman vorgelegt. Er heißt "Mittelreich", und Hauptschauplatz ist unverkennbar der bierbichlersche Gasthof in Ambach. Die zweite Berühmtheit, die Herles in seiner Premierensendung aufbietet, ist Ilija Trojanow ("Der Weltensammler"). Dessen neuer Roman heißt "Eistau" und erzählt von einem Gletscherforscher, der am Klimawandel und seinen dramatischen Folgen verzweifelt. Für das Interview mit Trojanow hat Herles sein blaues Sofa eigens auf den Hintertuxer Gletscher hinauftransportieren lassen.

Solch spektakuläre Kulissen werden sich nicht jedes Mal anbieten. Herles legt deshalb Wert auf die Feststellung, dass es ihm in erster Linie um konzentrierte Gespräche gehe. "Man muss sich zu einer radikalen Subjektivität bekennen", meint der 61-Jährige, der selbst als Autor mehrerer Bücher hervorgetreten ist und deshalb aus eigener Erfahrung weiß, wie sehr Kritik verletzen kann. Doch bei allem Mitgefühl hält Herles Verrisse für unverzichtbar. Debütanten sollen verschont werden, wenn einer aber schon mehrere Bücher vorgelegt habe, müsse er sich negative Kritik gefallen lassen.

"Das blaue Sofa" tritt die Nachfolge der im vergangenen Dezember abgesetzten Literatursendung "Die Vorleser" an, die immerhin 700 000 Zuschauer erreicht hat. Was für eine Büchersendung gar nicht schlecht ist, wenn man weiß, dass Denis Scheck mit "Druckfrisch" im Ersten nur 500 000 erreicht. Herles hält es trotzdem für möglich, dass es ihm gelingen könnte, "an der Million zu kratzen".

Eine halbe Stunde Sendezeit ist angesichts des Meeres von Neuerscheinungen allerdings nicht viel, das muss Herles zugeben. Andererseits, sagt er, sei er hochzufrieden, dass seine Sendung im Hauptprogramm ausgestrahlt werde. Da könne man, anders als in den Spartenkanälen, nämlich auf "Laufkundschaft" hoffen. Sogar um 23 Uhr. Als langjähriger "Aspekte"-Chef weiß Herles vermutlich, wovon er spricht. Obwohl die neue Literatursendung nur alle sechs Wochen laufen wird, hat sich Herles vorgenommen, jedes Mal so aktuell wie möglich zu sein. Und subjektiv. "Ich will Bücher präsentieren, die mich packen, die ich mit aufs Klo nehme, ins Bett, die mich zu spät zur Arbeit kommen lassen." Neben den beiden zehnminütigen "Großinterviews" wird es jeweils vier Kurzrezensionen geben. In der ersten Sendung kommen so noch die Romanerstlinge des Filmregisseurs Oskar Roehler ("Herkunft") und des Strafverteidigers und gefeierten Sachbuchautors Ferdinand von Schirach ("Der Fall Collini") zum Zuge. Besprechungen von Judith Schalanskys neuem Roman "Der Hals der Giraffe" und einem Erzählungsband der Literaturkritikerin Ursula März ("Fast schon kriminell") runden den Auftakt ab.