Im Kino wird längst nicht nur über Komödien gelacht

Was machen Frauen eigentlich so, wenn sie jemanden umgebracht haben? Im Fall des diese Woche anlaufenden Actionthrillers "Colombiana" hat sich Regisseur Olivier Megaton das folgendermaßen gedacht: möglichst lasziv Spaghetti mit den Fingern essen. Wichtig: von oben in den geöffneten Mund einführen. Danach im Lolita-Stil einen Lolli lutschen, auf dass der Lipgloss besonders gut zur Geltung kommt. Im Anschluss die Anlage aufdrehen und mit den Armen durch die Luft wedeln. Zu guter Letzt: duschen. Anvisiertes Ziel: Auf der Leinwand dampft das Wasser, im Saal der Hormonhaushalt. Doch stattdessen war bei diesem After-Kill-Programm in der Pressevorführung nur eins zu hören: lautes Gelächter.

Das Genre Film mag sich noch so sehr entwickeln, von einem Phänomen wird es wohl nie verschont bleiben: von unfreiwillig komischen Szenen. Wenn der Regisseur sein Werk oder der Schauspieler seine Rolle übertrieben ernst nimmt, obwohl dramaturgische Idee und/oder darstellerisches Können dies nicht rechtfertigen. Oder, um mit den Worten einer cineastischen Freundin zu sprechen: "Wenn der Film so tief in seinem eigenen Hintern steckt, dass es nur noch lächerlich wirkt."

Die Penetranz, mit der Robin Williams ach so unkonventionelle Vögel spielt

Woran aber lässt sich eine unfreiwillig komische Szene erkennen? Der nicht beabsichtigte Witz gedeiht - ebenso wie der Humor an sich - immer nur auf dem Boden, auf den er fällt. Sprich: Nicht jeder findet dieselbe Szene spaßig oder eben unfreiwillig komisch. Aber einige Regeln gibt es doch.

Erstens: Sich über die technischen Standards älterer Werke zu amüsieren gilt nicht, denn das ist nicht die Schuld des Films. Damit sind etwa Bluescreen-Aufnahmen aus dem Rennen, in denen Menschen und Mutationen so schön ausgeschnitten aussehen. Zweitens: Es soll Leute geben, die bei extrem gewalttätigen oder besonders anrührenden Geschichten wie "Saw" oder "Love Story" loslachen müssen. Auch das passiert nicht aus unfreiwillig komischen Gründen, sondern um Distanz zum Geschehen aufzubauen. Freud lässt grüßen.

Drittens: Sich an Szenen aus anderen Kulturkreisen zu erheitern ist ebenfalls zu einfach. Nur weil etwas nach unseren Maßstäben anders ist, ist es noch lange nicht albern. Wenn also in Bollywood-Filmen Emotionen mit Tanzsequenzen verstärkt werden, kann man das mögen oder nicht. Aber: Es gehört zur Sprache des indischen Kinos.

Worüber aber darf man sich nun unbeabsichtigt vergnügen? Ein guter Indikator ist der eigene Bauch. Wenn dieser einem sagt "Wirklich? Das ist nicht euer Ernst!", ist man meist sehr nah dran am Honigtopf der schlimmen Skurrilitäten. Zum Beispiel: Die Ernsthaftigkeit, mit der Demi Moore und Patrick Swayze in "Ghost" einen Klumpen Ton bearbeiten. Die Penetranz, mit der Robin Williams immer wieder ach so unkonventionelle Vögel spielt ("Der Club der toten Dichter", "König der Fischer", "Patch Adams", "Der Klang des Herzens" etc.). Das Cartoonhafte, mit dem Meg Ryan ihre Niedlichkeit durch Nasenkräuseln zu untermauern versucht ("Harry und Sally", "Schlaflos in Seattle", "e-m@il für Dich" etc.).

Unfreiwillig komisch sind zudem: dramatische Musik und wackelige Kamerafahrten, die die Abwesenheit von Spannung kaschieren sollen. Dass die Frau in romantischen Komödien am Ende oft doppelt so gut aussieht wie zu Beginn. Die meisten sprechenden Tiere. Wenn Tote atmen ("Gladiator"). Und, so das Ergebnis einer Spontanumfrage: "Alles von Til Schweiger".

Puh, jetzt habe ich aber wieder ein paar Zeilen gekillt. Zur Entspannung gehe ich erst mal in die Kantine, rühre ein wenig mit den Armen in der Pasta, halte meinen Kopf unter den Wasserhahn und wälze mich danach über den Redaktionsteppich. Wie? Habe ich da so eben etwa die Kollegen lachen hören?