Robinson Krause ist das norddeutsche Pendant zu Robinson Crusoe. Wie Crusoe war auch Krause Jahre auf einer Insel gefangen - dachte er zumindest. Robinson Krause lebte über uns, in einer Dachgeschosswohnung, von der Krause eines Tages glaubte, in ihr gestrandet zu sein.

Schon immer war ein Geruch nach Strand und Schiffbruch von Krause ausgegangen, wenn er sich ächzend durch das Treppenhaus schleppte. Er sagte, er arbeite beim Insel-Verein, als wäre das Erklärung genug. Jeden Morgen verließ er das Haus, kehrte am Abend erschöpft zurück. Möwenähnliches Pfeifen drang dann aus seinen Lungen durch die Decke zu uns - doch eines Tages blieb es aus.

Eine Woche darauf war ein Klimpern zu hören. Eine Flaschenpost, wie wir am nächsten Tag feststellten, die Krause durch den Briefschlitz ins Treppenhaus hatte rollen lassen. Eine Nachricht, mit Männerlippenstift geschrieben: "Hilfe, Krause".

Mutter klopfte an seine Tür. Sand rieselte durch den Briefschlitz, als wir nachsahen. "Krause", flüsterten wir. Doch Krause antwortete nicht. Nur nachts war ein Klopfen zu hören, er morste SOS. Krause schoss Leuchtfeuer in die Nacht. Am Tag glitt ein Angelhaken an einer Schnur an unserem Fenster vorbei, der kurz darauf mit Fisch daran wieder hochgezogen wurde. Wir staunten. Erst recht, als es an einem Freitag klingelte. Ein nackter schwarzer Mann mit einem Zettel, auf dem "Krause" stand. Wir zeigten nach oben. Er ging, kam aber zurück. "Balkon", sagte er und war auch schon im Wohnzimmer. Mutter musste Räuberleiter mit ihm machen und wusste gar nicht, wo sie hinsehen sollte, alles schien Bein zu sein.

Schließlich riefen wir die Polizei. Ob wir einen Einbruch zu melden hätten. "Nein", sagte Mutter, "einen Schiffbruch."

Dies ist eine wahre Geschichte, wirklich, derer man am 15.9. in der Astra-Stube gedenkt. Dort vertont die Band Robinson Krause Stationen aus dessen Leben.