“Seine Braut war das Meer“ überzeugt in den Kammerspielen

Hamburg. Liederabende, an denen Seemannsgarn gesponnen wird, sind meist Männersache. Seefahrerseelen träumen darin von glutvollen Liebesabenteuern an Land. "Seine Braut war das Meer und sie umschlang ihn" dreht den Spieß um. Nina Petri trägt Abendkleid und Jackett. Mit einer Flasche Schampus in der Hand, die Welt in Gestalt eines leuchtenden Globus zur Seite und die bedrohliche Zeit als Sanduhr im Hintergrund, schmachtet sie die einzige große Liebe ihres Lebens an: den Kapitän.

Eines Tages versank er in den Wellen, die über die Rückwand flimmern. Sie ist nicht die Einzige. Auf Kreuzfahrtschiffen steht das Kapitänsdinner bei weiblichen Gästen hoch im Kurs. Und Petri wird nicht müde, die Meute hungriger Hyänen zu beschwören, die sich mit dem schmuck Uniformierten in feuchte Träume hineinimaginiert.

Das tut allerdings auch Petri. Bald merkt der Zuschauer, dass sie mehr als einen Handlungsstrang verfolgt. Petri ist viele. Liegt's an der Vielfalt der Sehnsüchte? In den lebensnahen Texten des Dramatikers Andreas Marber erzählt sie mal vom jahrelangen Stillhalten als Geliebte des verheirateten Kapitäns, mal von Verführungsritualen an Deck. Auch von einer Konkubine, die ihr als Einziger verborgen blieb.

Petri flirtet gekonnt mit dem Publikum. Wenn sie Seemannslieder singt, dann selbst behauptend, aber nicht selbstvergessen. "Ich seh alles immer nur marineblau/Weil ich immer nur nach der Marine schau", singt sie durchaus ordentlich mit angenehm dunkler Stimme. Ihr Begleiter Jens-Karsten Stoll entwickelt filigrane Klangteppiche am Piano und drucksende Rhythmen am Harmonium. Manchmal brummt er auch ein herzhaft ironisches "Immer ran an die Damen" dazwischen. Am Ende ist die Seemannsbraut eine der radikalen Tat, wobei die Schlusspointe dann doch etwas dünn ausfällt, nach dem Motto: Alles nur geträumt. Egal, es geht ja ums Lieben. Jenen Raum des Irrationalen, den kein Mensch je begreifen wird.

Seine Braut war das Meer und sie umschlang ihn bis 7.11., Karten bei der Abendblatt-Ticketline T. 30 30 98 98, Hamburger Kammerspiele, Hartungstraße 9-11; www.hamburger-kammerspiele.de