In den Kammerspielen singt und spielt Nina Petri einen Monolog über die Liebe zum Meer und zu Seemännern

Kammerspiele. Männer und Frauen. Ein unerschöpfliches Thema. Und der ideale Stoff für das Theater. Der Dramatiker Andreas Marber hat für die Schauspielerin Nina Petri ein Stück über einen Traummann geschrieben: den Kapitän. Für viele Frauen ist der Kerl in der Uniform ein Objekt der Begierde, der Sehnsüchte und Wünsche. In Marbers Monolog "Seine Braut war das Meer, und sie umschlang ihn" beschwört Nina Petri singend und spielend das Bild des Seefahrers und Frauenhelden in den Fantasien oder Erinnerungen einer oder mehrerer Frauen, die dem Kapitän auf der ewigen Reise verfallen sind. Am Sonntag hat die "Hamburger Deern" Petri in Martin Maria Blaus Inszenierung Premiere.

Wie sie manchmal guckt beim Gespräch, wie sie lacht: Etwas Mädchenhaftes hat sich die Mittvierzigerin und Mutter zweier Töchter bewahrt. Aber die Rotblonde mit der dunklen Stimme ist keine liebliche Frau, sondern eine, die keinen Versorger braucht, die Beruf und Leben selbst meistert. Trotz der notwendigen Sensibilität einer professionellen Künstlerin hat sie etwas Kantiges, das Charakterstärke verrät und Petri auszeichnet: Nina Petri ist ein eher eigenwilliger als gefälliger Frauentyp, und sie sagt auch von sich selbst: "Ich glaube schon, ich bin eine Herausforderung für die Männerwelt."

Womit wir beim Thema Frauen und Männer wären. "Es ist schwierig, darüber zu reden, ohne in Klischees zu verfallen", sträubt sie sich. Redet dann aber doch darüber beim Frühstücksmüsli mit Früchten. "Frauen haben sich über 100 Jahre lang mit ihrer Emanzipation beschäftigt, sie haben sich Rechte erkämpft, haben sich erkannt, verkannt. Sie haben über sich reflektiert und gesellschaftliche Gleichstellung durchgesetzt." Was vor 50 Jahren noch normal gewesen ist, sei für ihre 17-jährigen Zwillingstöchter Moema und Papoula völlig unvorstellbar.

"Natürlich wollen meine Töchter einen Beruf haben und unabhängig sein." Dagegen hätten sich die Männer weniger weiterentwickelt oder ihre Rolle neu definiert. "Sie kommen mir oft so hilflos vor, sie bauen sich Riesenmuskeln auf oder werden laut, müssen Chefs sein und tönen, was sie alles haben. Und doch steckt in ihnen so ein Bubi, der nicht so recht weiß, wo es langgeht oder wo er hinwill. Die suchen sich lieber Mädchen, die sie dominieren können. "

Dazu fällt ihr noch ein: Für das Gejammere, dass die Jungs in der Schule schlechter als Mädchen seien, hätte sie als alleinerziehende Mutter wenig Verständnis. "Sollen sich doch die Väter darum kümmern", meint sie. "Die Frage ist doch, was kriegen die Jungs für Vorbilder vermittelt? Gibt es die überhaupt, und was sind das für welche?"

Nina Petri ist eine streitbare Frau mit Meinung. Und auch mit Mut. Sie hat 2006 mit dem Kollegen Niels-Daniel Finckh die Theaterfabrik in Barmbek eröffnet und musste die Bühne nach einem Jahr schließen. "Wenn ich zurückblicke, wie wir das einfach gemacht haben, finde ich das verrückt. Aber hätten wir nachgedacht und geplant, wäre es nie dazu gekommen." Als künstlerischer Mensch müsse man einfach auch mal loslegen dürfen. "Aber in Hamburg ist kein günstiger Nährboden, immer ist gleich die Frage: Was kostet das denn? Wie viel Profit bringt es?" In einer Stadt, die Experimente nicht fördere, könne nichts entstehen. "Dafür ist Berlin, das auch Rotzigkeit und seine Schmuddelecken zulasse, viel geeigneter. Denn Künstler brauchen Reibungsflächen und nicht ein etabliertes, aufpoliertes Ambiente."

Scheitern kennt Nina Petri, beruflich wie privat in ihrer Ehe mit einem Brasilianer. "Das ist lange her. Ich hab auch keinen exotischen Mann gesucht, wir sind uns in Köln über den Weg gelaufen." Brasilien sei schön und schrecklich zugleich, eben zwiespältig, doch die Erfahrungen möchte sie nicht missen. "Der Umgang mit Erotik und Sinnlichkeit ist anders, was auch mit Klima und Kultur zu tun hat. Die Menschen sind im Kontakt mit ihrer Körperlichkeit, haben Freude und Lust am Sich-Spüren."

An ihrem Beruf liebt Petri, dass sie, was man selten sein darf, die ganzen Facetten des Frauseins wie auch des Erlebens, die man in sich trägt, auf der Bühne ausspielen kann. Das Stück böte ihr dafür eine wunderbare Gelegenheit. Es handle auch von der Freiheit auf dem Meer, der Sehnsucht nach Heimat. "Man wünscht sich irgendwohin und macht eine Reise. Aber die Passage, der Weg dorthin, ist das Spannende. Wie oft habe ich schon erlebt, dass ich wohin wollte zu jemanden oder in ein anderes Land, und bin ich dann da, ist die Aufregung schon wieder weg." Ist man an einem Ziel angekommen, muss man wieder weiterziehen. Nicht nur als Kapitän. Auch als Künstler. Und überhaupt im Leben.

Übrigens, ein Mann ist mit der Ur-Hamburgerin Nina Petri auf der Bühne. Ihr Begleiter am Klavier: der Ur-Berliner Jens-Karsten Stoll.

Seine Braut war das Meer und sie umschlang ihn So 11.9., 19.00, Kammerspiele (U Hallerstraße), Hartungstraße 9-11, Premiere nur mehr Restkarten, weitere Vorstellungen bis 7.11., Karten von 17,- bis 7 bis 35,- unter T. 0800-41 33 440; www.hamburger-kammerspiele.de