Klaus Schumacher inszeniert “Wut“ von Max Eipp im Jungen Schauspielhaus

Einen echten Aufreger im Fernsehprogramm muss man heute zwischen Pilcher-Schnulzen und Krimiunterhaltung mit der Lupe suchen. 2006 löste der Film "Wut" von Züli Aladag nach dem Drehbuch des Hamburger Autors Max Eipp eine heftige Diskussion aus. Das mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Drama wurde von seinem Platz zur Hauptsendezeit mit anschließender Diskussion in ein Spätprogramm geschoben. Denn Thema von "Wut" ist Jugendgewalt, ausgehend von einer Figur mit Migrationshintergrund.

"Mich fasziniert die Geschichte. Weil sie Fragen stellt, auf die es keine einfachen Antworten gibt", sagt Klaus Schumacher, Regisseur und Leiter des Jungen Schauspielhauses. "Wir unterscheiden oft so schnell in Gut und Böse, wo wir erst mal die Fakten begreifen müssen." Derzeit erarbeitet Schumacher eine auf Eipps Drehbuch basierende Stückfassung für die Premiere am 11. September. "Gerade weil junge Leute zu uns ins Theater kommen, müssen wir differenziert über ein Thema sprechen", sagt Schumacher. "Wenn wir davon nicht erzählen, überlassen wir das Leuten, die einfache Antworten geben."

"Wut" erzählt die Konfrontation zweier Familien. Familie Laub ist bildungsbürgerlich geprägt und huldigt den Multikulti-Ideologien der 68er. Sohn Felix ist brav, lernwillig und schöngeistig. Anders die Familie des Deutsch-Türken Can. Dessen Vater glaubt an das Patriarchat, an Autorität und Stärke. Der Sohn baut auf das Recht der Fäuste. Seine Gang zieht Felix die Markenschuhe ab und drangsaliert ihn hartnäckig.

Tatsächlich glaubt der wohlmeinende Vater Laub nun, mit ideologisch geschliffenen Worten, den Heranwachsenden zur Vernunft bringen zu können. Doch dieser wendet seine Aktionen fortan gegen Vater und Sohn. Bis auch Simon Laub nicht mehr auf Worte, sondern auf drastische Gegenmaßnahmen setzt. Die Situation eskaliert und mündet in die Tragödie. Die Dramaturgie der Gewaltspirale orientiert sich an Heinrich von Kleists "Michael Kohlhaas". Die Erfahrung, dass hier Gutmenschen ungebremst auf eine knallharte Realität treffen, ist bitter.

Schumacher will eine eigene Abstraktion und ein entsprechendes Zeichensystem finden. Nach dem Weggang der beiden Stars Thorsten Hierse und Nadine Schwitter stellt der Abend die Ensemble-Neuzugänge Jonathan Müller und Florens Schmidt vor. Die Geschichte hinterlässt alle Beteiligten unbefriedet. Wenn Fäuste herausgekehrt werden und Argumente keine Rolle mehr spielen, bleibt nur eines: die Utopie des Gesprächs.

Wut Premiere So 11.9., 19.00, Malersaal im Schauspielhaus (U/S Hbf.), Kirchenallee 39, Karten zu 11,- unter T. 24 87 13; www.schauspielhaus.de