Mit Humor und Wehmut führt uns der Autor in die vergangene Welt des englischen Adels. Er beginnt dies mit einem turbulenten Rückblick auf die wilden Sixties, die so ganz neue und freche Lebensformen eröffneten und das Ende der Vornehmheit ankündigten. Julian Fellowes erzählt in "Eine Klasse für sich" facettenreich die Geschichte eines hochbegabten Aufsteigers aus dem Kleinbürgertum, der alles im Übermaß besaß, nur nicht die Zugehörigkeit zum Adel.

Ebenso schnell wie Damien zum Liebling der noblen Szene avanciert, kommt es zum dramatischen Bruch mit seinen Freunden. Er geht eigene Wege und gelangt zu traumhaftem Reichtum. Waren es Enttäuschung und Scham, die ihn von seinen alten Kreisen trennten, so ist es die "einzige Chance auf Unsterblichkeit", die ihn dazu veranlasst, 40 Jahre später, also heute, wieder aufzutauchen. Er ist zwar reich geworden, aber einsam geblieben und sieht nun todkrank dem Ende entgegen. Auf der Suche nach einem möglichen Erben für ein "Vermögen, dessen Wert die Höhe der Staatsschulden" übersteigt, benötigt er die Hilfe seines ehemaligen Freundes. Er braucht dessen Verbindungen und Kontakte, um unter seinen damaligen Geliebten aus dem Hochadel die Mutter eines Kindes zu finden, das vielleicht von ihm sein könnte.

Der Leser erfährt aus der Sicht des namenlos bleibenden Erzählers die Lebenswege der damaligen Clique, die, ganz im Gegensatz zu Damiens Aufstieg, vom gesellschaftlichen Abstieg zeugen. Beschreibungen englischer Landsitze und Schlossarchitekturen gehören wie die Schilderungen von Debütantinnenbällen zu den Bestandteilen dieses Szenarios.

Julian Fellowes, britischer Schauspieler, Autor und Oscar-Preisträger für das Drehbuch zum Drama "Gosford Park", kennt als Sprössling einer aristokratischen Diplomatenfamilie die Verhältnisse, über die er schreibt. Ihm gelingt es mit sprachlicher Eleganz und britischem Humor, dass der Leser gebannt dem schönen Märchen - Vater sucht sein uneheliches Kind, das die Mutter ihrem Ehemann untergeschoben hat - bis zum Schluss folgt. Insiderwissen und Selbstironie machen die Lektüre zu einem Vergnügen.

Julian Fellowes: Eine Klasse für sich. Übersetzt von Maria Andreas. C. Bertelsmann. 480 S., 22,99 Euro

In "Aufgeblättert" stellen im Wechsel Rainer Moritz, Annemarie Stoltenberg (NDR) und Wilfried Weber (Buchhandlung Felix Jud) Bücher vor.