Manche Filme erscheinen unter dem Brennglas der Gegenwart in noch eindringlicherem Licht. Der verträumte, jenseitige Blick, den Monica Vitti durch Michelangelo Antonionis Meisterwerk "Die rote Wüste" trägt, die Verstörtheit und neurotische Verzweiflung ergreift manchen von uns angesichts einer zunehmend vergifteten und bedrohten Umwelt.

Vitti spielt Juliana, der nach einem Autounfall ihr Leben mit Mann und Kind entgleitet. In einer schwebenden Affäre mit Richard Harris, einem Freund ihres Mannes, sucht sie die Rückkehr in ihr Leben. Unvergleichlich setzt Antonioni die Rohrleitungen einer giftigen Industrielandschaft bei Ravenna in Szene. Und lässt die grün ummantelte Vitti durch diese Ästhetik des Hässlichen wie eine Überlebende über ein Schlachtfeld wandeln. Dieser in eine süße intellektuelle Melancholie getauchte Schrecken an einer entfremdeten Welt hat bis heute nichts von seiner Wirkung eingebüßt.

Die rote Wüste Italien 1964, 113 Min.; ab 12 J.