Auf einem Kongress in Berlin loten Mediengrößen Chancen und Risiken der Digitalisierung aus

Berlin. Im Internet treffen klassische Medien auf Telekommunikationsunternehmen, Kabelnetzbetreiber, unzählige kleine Start-ups und internationale Großkonzerne wie Google. Eine klare Rollenverteilung gibt es nicht, was schon mal zu Reiberei führt.

Der Internationale Medienkongress anlässlich der Berliner Funkausstellung konzentrierte sich auf die Situation im deutschen Online-Markt. Auf der Auftaktveranstaltung mit dem Titel "Chancen und Risiken der Digitalisierung für den Contentstandort Deutschland" betonte Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Bedeutung des Urheberrechts in Zeiten einer grassierenden "Gratis-Kultur" im Internet und positionierte sich als überzeugter Verfechter des dualen Rundfunksystems in Deutschland: Angesichts der zunehmenden Internet-Aktivitäten von ARD und ZDF mahnte er die Öffentlich-Rechtlichen, nicht ihren Kernauftrag aus den Augen zu verlieren. Die Geschäftsmodelle anderer Medienanbieter dürften im Sinne der Angebotsvielfalt keinen Schaden nehmen.

Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, in der auch das Abendblatt erscheint, sagte, er halte es für wichtig, stärker als bisher redaktionelle Kreativität und technologische Kompetenz zu verschmelzen. Anhand eines Planspiels um die fiktive Print-Publikation "Süddeutsche Allgemeine Welt" machte er anschließend die Position vieler deutscher Verleger klar: Textlastige öffentlich-rechtliche Angebote wie das der gebührenfinanzierten "Tagesschau"-App verzerrten nachhaltig den Wettbewerb auf dem Markt des Qualitätsjournalismus. RBB-Intendantin Dagmar Reim und der ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut, der im kommenden Frühjahr Intendant auf dem Mainzer Lerchenberg werden wird, zeigten sich kompromissbereit: "Ich halte es für möglich, dass man ein Modell findet, bei dem das ZDF nicht als störend empfunden wird", sagte der 56-Jährige.

Dass unabhängige Produzenten von der Digitalisierung und der aus ihr resultierenden Vervielfachung der Vertriebswege nicht unbedingt profitieren, gab Christian Franckenstein zu bedenken. Er ist Vorstandssprecher der MME Moviement AG, eines der führenden unabhängigen Content-Produzenten für TV-Unterhaltung. Die Einsparungen bei öffentlich-rechtlichen wie privaten Anstalten bekomme seine Branche stark zu spüren. "Uns bleibt nur, uns an den Konsumenten zu halten", sagte Franckenstein.