Unter den 55- bis 74-Jährigen liegt die Quote der Online-Verweigerer sogar bei 42 Prozent

Hamburg. Mal eben eine E-Mail verschicken, im Netz ein Buch bestellen, bei Facebook die Freunde grüßen oder online den Kontostand kontrollieren - für jeden Sechsten ist das ein Buch mit sieben Siegeln. 17 Prozent der Deutschen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren waren noch nie in ihrem Leben im Internet, gab gestern das Statistische Bundesamt bekannt.

Der Anteil der Online-Verweigerer nimmt mit steigendem Alter zu: Bei den 55- bis 74-Jährigen verfügen 42 Prozent über keinerlei Interneterfahrung. Bei den Deutschen, die das 75. Lebensjahr vollendet haben, sind es sogar 82 Prozent. Dagegen gehört bei den Jungen das Netz längst zum Alltag. Die Zahl der Internetverweigerer unter 35 Jahren ist so niedrig, dass es statistisch nicht möglich ist, für diese Gruppe eine konkrete Prozentzahl anzugeben. Von den 35- bis 44-Jährigen waren nur vier, von den 45- bis 54-Jährigen zwölf Prozent noch nie im Netz.

Der Riss, der bei der Online-Nutzung durch die deutsche Gesellschaft geht, besorgt Fachleute. "Wir müssen älteren Menschen die Scheu vor dem Internet nehmen", sagt Christian Spahr vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). "Das Web kann gerade Senioren viel bieten."

Allerdings ist das Alter nicht der einzige Faktor, der ausschlaggebend für die Internetnutzung ist: So sind 20 Prozent der Frauen, aber nur 13 Prozent der Männer noch nie online gewesen. Entscheidend ist auch der Bildungsgrad: Bei den Deutschen mit niedrigem Schulabschluss ist die Zahl der Internetverweigerer mit 27 Prozent überdurchschnittlich hoch. Bei Bundesbürgern mit mittlerem Bildungsniveau liegt der Anteil nur bei 16 Prozent. Und von den Deutschen, die eine Hochschulbildung aufweisen, waren sogar lediglich sieben Prozent noch nie in ihrem Leben online.

Nicht ganz unwichtig ist auch der Unterschied zwischen Stadt und Land: In dichter besiedelten Gebieten verfügen 16 Prozent der Bewohner über keinerlei Online-Erfahrung. Auf dem dünn besiedelten Land sind es dagegen 22 Prozent. Einer der Gründe dürfte sein, dass schnelle Internetverbindungen via DSL oder über das digitale Kabel in vielen Landstrichen immer noch nicht verfügbar sind.

"Bei der Internetnutzung liegen die Deutschen EU-weit im oberen Mittelfeld", sagt Bitkom-Mann Spahr. Zwar rangieren Länder wie Schweden, Luxemburg oder die Niederlande vor der Bundesrepublik; in Schweden etwa beträgt der Anteil der Online-Verweigerer nur sieben Prozent. Doch der Abstand der Deutschen zur europäischen Spitzengruppe ist weitaus geringer als der zu den EU-Schlusslichtern: 51 Prozent der Bulgaren, 52 Prozent der Griechen und 57 Prozent der Rumänen waren noch nie im Netz. EU-weit liegt der Anteil der Verweigerer bei 26 Prozent.

In Deutschland sieht Spahr außer bei den Senioren auch "bei der beruflichen Internetnutzung" noch einigen Nachholbedarf. Dass die Deutschen aufholen werden, steht außer Frage, auch und gerade bei den Älteren. So lag der Anteil der Internetverweigerer bei den 55- bis 74-Jährigen vor fünf Jahren noch bei 61 Prozent. Wenn ihr Anteil weiterhin so rasant sinkt wie bisher, dürfte die Kluft zwischen Alt und Jung in puncto Online-Nutzung sich schon bald schließen.