Anne-Sophie Mutter interessierte sich äußerst selten für das Pittsburgh Symphony Orchestra

Hamburg. Seit rund drei Jahrzehnten gilt Anne-Sophie Mutter ihren Fans als beste Geigerin der Welt. Natürlich bediente sie diesen Nimbus auch bei ihrem Auftritt im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals in der Laeiszhalle. Im gewohnt schulterfreien Nixenkleid lieferte sie Mendelssohns Violinkonzert e-Moll gewohnt perfekt ab - und routiniert. Als wäre es nicht die vornehmste Pflicht eines Künstlers, ein Werk jedes Mal neu zum Leben zu erwecken. Ob sie ihr übererregtes Vibrato einsetzte, Lagenwechsel schluchzte oder brachial zugriff, es klang vor allem nach Mutter und weniger nach Mendelssohn.

Vor allem aber ging sie so willkürlich mit dem Zeitmaß um, dass der Dirigent Manfred Honeck und das agil und klangschön begleitende Pittsburgh Symphony Orchestra ihre liebe Not hatten. Gerade durch den letzten Satz jagte sie, ohne sich erkennbar um Zusammenspiel zu bemühen. Tosender Beifall für eine sportliche Höchstleistung.

Wolfgang Rihms Violinkonzert "Lichtes Spiel" hingegen, ein Auftragswerk für die Künstlerin, malte Mutter im Verein mit dem Orchester zu einem impressionistisch zarten, mal in sich versunkenen, mal süffigen Sommerstück aus. Da zwitscherten die Vögel und grüßten Anklänge an Strauss und Brahms und immer mal "blue notes". Schade nur, dass es im Saal in einem fort murmelte, räusperte und raschelte.

Dass Perfektion auch Glück bedeuten kann, zeigte Gustav Mahlers 5. Sinfonie: Frei strömte der Streicherklang, die Blechbläser spielten wie aus einem Guss und noch im Diminuendo blitzsauber. Jeder Übergang wirkte natürlich, die Details traten so klar hervor, dass einem auf dem Grat zwischen Verzweiflung und Groteske der Atem stockte. Das klang vor allem nach Mahler und weniger nach Honeck.