Eine Beobachtung von Christina Ritzau

Poetry-Slam ist längst massenwirksam geworden, Unterhaltungskultur eben. Wer noch eine Nische in der dicht besiedelten Dichter-Landschaft finden oder sich (wieder) vom Mainstream abgrenzen will, muss also mit besonderen Ideen aufwarten. Derzeit erfolgreich scheinen zahlreiche literarische Kleinkunstformate mit komödiantischen und musikalischen Anteilen - jedenfalls gibt es immer mehr davon. Ihnen gemeinsam ist die Sprachleidenschaft, die ihre Protagonisten auf die Bühne treibt.

Nun, eine neue Idee: Zu den Songwritern, Comedians, Studenten und Ladies, die mit ihren Texten und Liedern um die Gunst des Publikums buhlen, gesellen sich gerade die Tagebuchschreiber - so wie beim "Diary-Slam" im Altonaer Aalhaus.

"Diary-Slam", das geht so: Mit zeitlicher und emotionaler Distanz zitieren diejenigen, die sich auf die Bühne trauen, Teenie-Texte von einst und geben erlebte und geträumte Kleinigkeiten, die einmal ihre Welt bedeuteten, zum Amüsement frei. Erstaunlicherweise wirkt das nicht peinlich, sondern ganz einfach mutig.

Braucht das jemand? Nicht wirklich, zu harmlos. Aber immerhin zeigen die Autorinnen (Männer sind zwar erlaubt und erwünscht, aber extrem rar), die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen. Damit geben sie dem kleinen Diary-Slam eine Leichtigkeit, die vielen literarischen Großformaten fehlt. Und das ist doch auch ganz schön.