Das Pop-Märchen “Lollipop Monsters“ bricht mit Sehgewohnheiten und punktet mit großartigen Schauspielerinnen

"Wir spüren alles, uns machst du nichts vor, wir sind Trieb und Lust und Instinkt. Wir sind zum Jagen geboren." Schon das Musikvideo, das Ari (Jella Haase) und Oona (Sarah Horváth) zu Beginn von "Lollipop Monster" schauen, macht klar, dass wir es hier mit keiner gewöhnlichen Coming-of-Age-Geschichte zu tun haben. Auch wenn die beiden Mädchen, von denen Regisseurin Ziska Riemann und ihre Co-Drehbuchautorin Luci van Org erzählen, mitten in der Pubertät stecken.

Ein weiß geschminkter Schwarzer, einem Voodoo-Priester ähnlich, singt diese Zeilen, seine Band heißt Tier, und von animalischer Wildheit sind Ari und Oona tatsächlich. Auch wenn sie zunächst noch im Reihenhaus-Käfig verharren.

Dass die vermeintliche heile Welt Risse hat, wird indes schnell klar. In Aris Familie zieht der Bruder mit vorgetäuschten Erkrankungen alle Aufmerksamkeit der Mutter (Sandra Borgmann) auf sich, Oonas Vater hingegen ist ein erfolgloser Künstler, dessen Frau (Nicolette Krebitz) ihn mit seinem Bruder betrügt. Was tödliche Folgen hat.

Auch wenn die Lebenswelten der Mädchen oberflächlich betrachtet ganz unterschiedlich sind - Ari lebt als eine Art Pippi-Langstrumpf-Lolita in einer knallbunten Welt, Oona schminkt sich wie eine Raubkatze und streicht ihr Zimmer pechschwarz -, in ihnen glimmt der gleiche Funke, sucht die gleiche Lebensgier nach einem Ventil. Das findet sich mal in leidenschaftlichem Sex, mal in wilden Zerstörungsorgien und schweißt die beiden Mädchen immer stärker zusammen.

"Lollipop Monster" ist als ZDF-Koproduktion in der Reihe "Das kleine Fernsehspiel" entstanden, doch dieses irrwitzige Pop-Märchen, das gelegentlich an "American Beauty", "Twin Peaks" und "The Virgin Suicides" erinnert, ist weder klein noch eine typische TV-Produktion. Als wilder Genre-Mix, der Ziska Riemanns Arbeit als Comiczeichnerin nie vergessen lässt, bricht "Lollipop Monster" lustvoll mit Sehgewohnheiten, lässt eine entfesselte Kamera von der Leine und kann vor allem mit zwei Hauptdarstellerinnen punkten, die definitiv auf die große Leinwand gehören.

Bewertung: empfehlenswert

Lollipop Monster Deutschland 2011, 95 Minuten, ab 16 Jahren, R: Ziska Riemann, D: Sarah Horváth, Jella Haase, Nicolette Krebitz, Thomas Wodianka, Sandra Borgmann, täglich im Abaton, 3001; www.lollipop-monster.de