The Kills spielen im prall gefüllten Docks ein großartiges Konzert

Hamburg. Alle berühmten Duos des Pop leben von dieser ganz bestimmten Spannung, einer irritierten Balance, die nach Ausgleich strebt. Einem Heilsversprechen. Die Schöne und das Biest. "Die sind ja wie Gainsbourg und Birkin", sagt eine junge Besucherin über das britisch-amerikanische Duo The Kills. Jamie Hince und Alison Mosshart huldigen auch bei ihrem furiosen Auftritt im ausverkauften Docks einer perfekt inszenierten Rollenverschiebung. Er markiert in seinen zu engen Klamotten den Teddybären mit unterschwelliger Sexyness an der Sixties-Gitarre, sie gibt als allzeit sprungbereite Raubkatze am Mikrofon die Richtung vor.

Zusammen sind sie zwei verwegene, schwarz gekleidete Wesen der Nacht. Durch unzählige Verlockungen taumelnd, aber am Ende immer aufrecht stehend. Vor einem dunkelrot illuminierten Leopardenfell-Vorhang zelebriert die Band ihr kochendes, dreckiges Klanghybrid aus Blues und Rock. Eine Feier des Schwülen und Ausschweifenden. Obwohl das aktuelle Album "Blood Pressures" eine gelungene Abkehr von dem kruden Minimalismus früherer Werke darstellt, ernten Klassiker wie "Kissy Kissy" oder "Tape Song" die stürmischste Euphorie. Hier schneiden die künstlichen Beats am schärfsten, der Drumcomputer arbeitet monoton im Hintergrund, wo sich Gerät auf Gerät türmt, und die verzerrte Gitarre scheint direkt aus dem Orkus des Unterbewussten zu stammen.

Auf der Bühne bleibt jeder hübsch für sich. Doch zwischen den beiden sprühen Funken der Rock-Elektrizität. Hince bearbeitet am Boden liegende Effektgeräte, Mosshart wirbelt über die Bühne und singt sich kunstvoll verrenkend durch einen Vorhang aus üppigem Schwarzhaar. Das Kaputte: Lange klang es nicht mehr so schick und elegant. Ohne Pausen und unnötige Ansagen hagelt es einen Kracher nach dem nächsten. Vom expressiven "Heart Is A Beating Drum" über "Baby Says" bis zur Hit-Single "Satellite".

Wenn es um gefühlvolle Balladen geht, muss mitunter fremdes Liedgut herhalten. Nie klang Marilyn Monroes Westernballade "One Silver Dollar", bekannt aus dem Filmklassiker "Fluss ohne Wiederkehr", spröder und aufwühlender. Und trifft doch innerste Schichten. Da sitzen die zwei bereits völlig erschöpft auf ihren Verstärkern. "Got your black magic", singt Alison Mosshart in "Pull a U". Genau. Mitten ins Schwarze getroffen.