Die Galerie der Woche im Elysée zeigt eine Auswahl der Werke des Hamburger Malers Hanno Edelmann.

Elysée. Auf seinem Weg in die Kriegsgefangenschaft, erzählt Hanno Edelmann, habe er einmal seine Kameraden mit improvisierten Farben aus Holzkohle und zerriebenem Ziegelstein erfreut. Eine große kahle Wand in einer Baracke belebte der Hamburger Künstler mit Figuren. Das Schauspiel an der Wand, eine Art moderner Höhlenzeichnung, half Not und Elend der Gefangenschaft ein wenig zu lindern.

Spätestens seit damals hat sich der 1923 geborene Künstler ganz den Figuren in seinem Werk verschrieben. Figuren, die oft einer vergangenen Zeit zu entstammen scheinen. Mit dunklen Hüten und einer Garderobe aus Tagen, als noch Harlekins, Zirkusmanegerie und zugeknöpfte Spitzenkragen das Personal der Kunst einkleidete. Figuren, die dennoch den ewigen Leidenschaften und Eitelkeiten des Menschen ausgeliefert sind, der Eifersucht genauso wie dem hartnäckigen "Hallo wir leben noch" zum 100. Geburtstag. Einen kleinen Einblick in Hanno Edelmanns umfangreiches malerisches Werk verschafft ab heute die Galerie im Elysée.

Man kommt nicht umhin, ein wenig an Chagall oder Kokoschka zu denken. Hanno Edelmanns Vorliebe für leuchtende Farben und die Verspieltheit seiner Figuren verleihen seiner Kunst jenen vitalen Impuls, der auch schon die Vertreter der Klassischen Moderne auszeichnete. Mit Kokoschka verbindet Edelmann überdies ein besonderes Erlebnis. Als Jugendlicher gelang ihm der Eintritt in Verbotenes, in das Reich des vermeintlich Bösen, wie es die Nazis mit ihrer diffamierenden Hass-Schau "Entartete Kunst" der erwachsenen Öffentlichkeit vorführten. Nicht rechneten sie dabei jedoch mit Minderjährigen wie Hanno Edelmann, der sich in einem unbeobachteten Moment in die Schau hineinstahl. Und dem ein Blick auf Kokoschkas "Windsbraut" und weitere Werke erst das Tor zur Kunst öffnete. Verbot schürt eben beides: Angst wie Attraktion.

Edelmanns Werk ist heute ein ganzes Leben, künstlerische Manifestation der ersten Nachkriegsgeneration im 20. Jahrhundert. Eine Generation, die die Alternative Abstraktion oder Figürlichkeit zeitweilig in zwei feindliche Lager spaltete. Zwar entschied sich Edelmann eindeutig für die Figürlichkeit. Doch bei genauem Hinsehen fällt auf, dass die größten Flächen in seinen Bildern des Öfteren die abstrakten sind. Wände und Räume verwandeln sich in Gründe für rein malerische Belange, für Farbklänge und Farbverläufe.

Lange vor Baselitz, erzählt Edelmann heute, stand das Auskundschaften solch malerischer Kriterien auf dem Lehrplan. Unter Willem Grimm, seinem Lehrer auf der Kunsthochschule Hamburg, mussten die Studenten ihre Bilder auf den Kopf stellen, um zu sehen, ob auch malerisch ihre Bilder dem kritischen Blick standhielten.

Wer heute weit im Osten Hamburgs die alte Villa von Hanno Edelmann und seiner Frau Erika besucht, betritt ein leicht verwunschen anmutendes Haus. Seit über einem halben Jahrhundert wird hier nur eines gelebt: die Kunst. Plastiken, Gipsabgüsse, eigene Bilder, aber auch gefundene vom Sperrmüll sowie Hinweise auf den Musiker und Komponisten Edelmann verteilen sich in allen Stockwerken und Räumen, einschließlich des angebauten Ateliers. Leinwände warten auf ihre Besucher.

Und immer wieder blicken ihnen bekannte Gesichter entgegen: Ulrich Wildgruber, Ida Ehre, Joseph Beuys, Horst Janssen. Hanno Edelmann hat seine Freude an diesen Persönlichkeiten, an ihrem malerisch-plastischen Auftritt, den er zuweilen auf eine ganz moderne Art einfängt. Ein schlichter Fernseher mitten im Atelier verrät den Weg, auf dem heute das Model zum Künstler kommt.

Hanno Edelmann - Malerei, Farblithografien, Aquarelle. Galerie im Elysée, Rothenbaumchaussee, 10, bis 20. Oktober, T. 41 41 27 21