Der Perkussionist trat in der Laeiszhalle erst nach der Pause auf

Hamburg. Mehr Weltmusik geht kaum: Ein amerikanischer Dirigent estnischen Ursprungs leitet ein deutsches Orchester mit zwei libanesischen, einem aserbaidschanischen und einem amerikanischen Gastsolisten, Star des Abends ist ein türkischer Perkussionist. Man spielt dessen Kompositionen sowie die eines Schweizers, der in New York lebt und den Orient liebt; als milde Zugabe erklingt ein Stück des südafrikanischen Pianisten Abdullah Ibrahim.

Was nach globaler Dorfmusik klingt, erwies sich im Konzert des Schleswig-Holstein Musik Festivals am Sonnabend in der Laeiszhalle vor allem in der ersten Hälfte als faszinierende Kontinentalverschiebung der Hörwelten. Das Konzert für Ney und Orchester sowie die "Oriental Suite" von Daniel Schnyder boten vorzugsweise ungerade Taktarten, orientalische Tonfolgen und auch Anklänge an Flamenco und Latin Jazz, das Ganze aber gefasst ins Edelmetall europäischer Orchesterkultur.

Schnyder ist ein überzeugender und erfindungsreicher Komponist, der die Quellen seiner Einflüsse genau studiert hat und über einen untrüglichen Sinn für Proportionen verfügt.

Das NDR Pops Orchestra, die lebenslustigere Inkarnation der NDR Radiophilharmonie Hannover, demonstrierte, wie reaktionsschnell und stilsicher mittlerweile auch ein deutsches Orchester zeitgenössisches Material zwischen schmissig und swingend, fett und filigran spielen kann. Und Kristjan Järvi führte die ihm wohlbekannten Musiker mit der federnd gespannten Lässigkeit eines Bigbandchefs.

Von Burhan Öçals Zauberkünsten auf der Darabukka, der arabischen Trommel mit dem Metallkorpus, hätte man gern viel mehr gehört. Der als Model und Schauspieler mit immer demselben Gesichtsausdruck in der Türkei verehrte Perkussionsmeister trat überhaupt erst nach der Pause auf und verschwand dann mit seinen wirbelnden Fingernägeln und -kuppen, die manchmal wie die Flügel eines Kolibiris auf Fell und Gestell der Darabukka niederzitterten, nicht nur optisch hinter dem Flügel.

Auch musikalisch hatte sein virtuoser Glanz Mühe, sich vor der hollywoodesken Breitleinwand zu behaupten, auf die der Pianist und Arrangeur Ilyas Mirzayev den Großteil von fünf Öçal-Songs hochgebeamt hatte.

In "Nihavent Oriental" etwa führte der Klanghorizont von einer Art Säbeltanz über einen Walzer alla turca in ein fiebrig-chromatisches Tremolo der Streicher, das eine orientalische James-Bond-Szene imaginieren ließ.

Erst in "Gelinin Oynamasi", dem letzten Stück der Suite, das als Trio zwischen Klavier, Schlagzeug und Darabukka begann, spielte Goldfinger Öçal das begeisterte Publikum in null Komma nichts schwindlig.