Samy Deluxe beweist auf Kampnagel, dass er noch immer der schnellste Rapper zwischen Flensburg und München ist

Hamburg. "Zwei Seelen wohnen, ach!, in meiner Brust", heißt es in Goethes "Faust". Eine Zeile, die zuweilen auch Samy Deluxe umtreibt. Zumal Hamburgs Vorzeigerapper die Weimarer Dichterfürsten Goethe und Schiller in dem Song "Poesiealbum" explizit anführt. "Ich bin so Schiller, so Goethe / So bitter, so böse / noch immer der größte / Poet, der hier lebt."

Hier nimmt Samy den Mund mächtig voll, aber diese dem Hip-Hop immanente Prahlerei ist die eine Seite seiner Seele, die andere ist sein Gutmenschentum, das eigentlich so gar nicht zu der individualistischen egozentrischen Haltung eines Rap-Stars passt. Samy, der sich selbst auch als Sozialarbeiter sieht, versucht diese beiden Gegensätze in seiner Musik unter einen Hut zu bringen. Und er hat Erfolg damit: Sein aktuelles Album "SchwarzWeiss" erreichte Platz eins der deutschen Charts, sein Konzert beim Sommerfestival auf Kampnagel im großen Saal K6 ist restlos ausverkauft.

Zwar hat er einige seiner neuen sozialkritischen Songs im Programm, doch die vielen männlichen Baseballkappenträger und kurzberockten Teenager-Mädchen wollen vor allem tanzen und hüpfen und die ausgestreckten Arme im Takt der Tsunami-Band bewegen, die den Rapper mit den vielen Spitznamen unterstützt. Samsemilia oder der Wickeda MC weiß um das Party-Gen seines Publikums, deshalb führt er sie schon mit der zweiten Nummer zurück in das Deluxe Soundsystem, mit dem er vor mehr als zehn Jahren seinen Höhenflug zusammen mit anderen Eimsbush-Künstlern wie Jan Delay begonnen hat. Fast entschuldigend kündigt er seine neuen Songs an, in denen es nicht nur darin geht, wer der derbste Rapper ist, sondern in denen er Systemkritik übt wie in "Wer wird Millionär".

Dass er immer noch der schnellste Rapper zwischen Flensburg und München ist, daran zweifeln weder er noch seine sich in Hochstimmung tanzenden Fans. Samy feuert ungefähr 300 Silben pro Minute ab, wenn er erst mal mit seinen Freestyle-Raps anfängt. Die Lautfolgen kommen so rasant hintereinander, dass ein Verstehen unmöglich ist, aber der rasend schnelle Fluss der Reime lässt einem allein beim Zusehen nach Luft schnappen.

Wie schafft der Mann das? "Ich habe heute Bock zu rappen", sagt er und das ist keine Floskel. Der Wickeda MC steigert sich mehr und mehr in einen Rap-Rausch und mutiert zum "Reimemonster", wie ein Track seines Kumpels Afrob heißt, mit dem er im Projekt ASD zusammenarbeitete. Ein neuer Song heißt "Rapgenie" und der zeigt den alten Samy Deluxe. Mit der Frage "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Schönste hier im Land?" zitiert er die Gebrüder Grimm.

Die Antwort ist klar und kann nur heißen: Samy Deluxe.