Es war einmal ein Privatsender, der zeigte seinem Volk seriöses Programm. Da ward es unzufrieden und blieb ihm fern, also brachte er kommerziellen Quatsch wie alle Privatsender und lebte so immerdar fort. Seit drei Jahren aber zeigt ausgerechnet dieser Sender, Vox genannt, etwas Seltenes: Dokumentationen. Sonnabends zur Primetime. Stundenlang. Ob Tod oder Schönheit, 200 Jahre Oktoberfest oder fünf Jahre Tsunami, Jackos Tod oder wie heute der Mauerfall - wo die ARD zum Starquiz bittet und Pro7 zur Ulkshow, konterte Vox allein im Vorjahr 25-mal mit Dokus, die sogar halbe Tage dauern können.

"Qualität dank Quantität", lobt sich Senderchef Frank Hoffmann selbst, "durch die lange Sendezeit haben wir mehr Raum für Zwischentöne und Details". Das klingt ungewohnt für einen Kanal, den Hoffmann vor sechs Jahren als Karikatur seiner selbst übernahm. Gestartet 1993 als Mittelweg zwischen privater Verflachung und staatlichem Trott, hatte der "Ereignissender" sein Angebot im Quotentief umgekrempelt. Aufgekauft von Rupert Murdoch kam Vox im Jahr darauf zurück in die Erfolgsspur, erst recht, als RTL 1999 übernahm. Das lag indes weniger an Perlen wie "Six Feet Under", als an Mälzer, Reise, "hundkatzemaus". Dass Vox beim jungen Publikum nun vor ARD und ZDF liegt, geschah also eher trotz der Informationsoffensive am Sonnabend.

Denn die hebt selten die Durchschnittsquote: beim Thema Sex etwa oder mit Hitler. Der geht bekanntlich immer. Wie Schwerpunkte insgesamt, wenngleich nur bei bestimmten Sendern: Arte zeigt seit 20 Jahren dreimal die Woche Themenabende zu allem von Comics über China bis Zivilcourage, was 3sat auf ganze Tage erweitert. Die ARD kümmert sich seit 2006 sogar wochenweise um Komplexe wie Krebs oder Mobilität. Und selbst RTL oder Sat.1 lassen ihre Eigenproduktionen gelegentlich mit Anschlussdokumentationen ausklingen. Über deren Güte lässt sich streiten, die Idee dagegen ist konstruktiv. Und erfolgreich.

Bei Vox steht am 11. September der nächste Themenmarathon mit Erfolgsaussicht an. Mit einem Marathon: zwölf Stunden Terroranschlag plus Hintergründe. Senderchef Hoffmann sieht darin "eine Alternative zum stark unterhaltungsgeprägten Konkurrenzprogramm am Wochenende". Dass er da richtig liegt, spricht für vieles, nur nicht für ARD und ZDF.