Witzig, heutig, klug: Das Sommertheater in St. Georg spielt die römische Komödie “Gold“ im Innenhof der Georgs-Kirche.

St.-Georgs-Kirche. Die großen weißen Schirme sind wieder aufgestellt. Sie bilden einen hellen, hübschen Kontrast zum rötlichen Glanz der Backsteinmauern im Innenhof der St.-Georgs-Kirche in der Nähe des Hauptbahnhofs. Vor allem sollen sie aber den Zuschauern des Sommertheaters Schutz bieten. Denn egal, ob es regnet oder die Abendsonne noch verschmitzt durchs Gewölk blinzelt: Wie jedes Jahr im August freuen sich das Stammpublikum und der Stadtteil auf das vergnügliche Volkstheater von Regisseurin und Schauspielerin Katharina Röther und ihrer eingeschworenen Komödiantentruppe. Diesmal feiert das Ensemble die zehnte Spielzeit mit gut gelaunter "Randale in Sandale" bei der Premiere der im alten Athen spielenden Burleske "Gold!", frei nach der "Goldtopf"-Komödie von Plautus.

Katharina Röther hat 2002 das familienfreundliche Freiluftspektakel im Innenhof der St.-Georgs-Kirche gegründet und mit Carlo Goldonis spritzigem Intrigenspiel um die ebenso schöne wie kluge Gastwirtin "Mirandolina" eröffnet. Seitdem präsentierte die Künstlerin mit einem harten Kern freiberuflicher Bühnenkünstler, zu dem Ulf Albrecht und Maximilian Ponader gehören, jeden Sommer Perlen der Komödienkunst - ohne viel Technik und Effekte. Nachdem Röther das Repertoire mit unterhaltsamen Dramen von Shakespeare bis Dario Fo durchforstet hat, besinnt sie sich im zehnten Jahr ihres Sommertheaters auf den "Vater aller Komödienschreiber": So rühmte Lessing den römischen Dichter und Schauspieler Plautus.

Titus Maccius Plautus aus Umbrien brachte die um 220 vor Christus noch junge römische Komödie zur Blüte. Als er in seinem vierten Lebensjahrzehnt ziemlich knapp bei Kasse war, begann er zu schreiben und verfasste schließlich mehr als 100 Stücke, in denen geld- und liebeshungrige Greise, raffinierte Hetären, verliebte Jünglinge, durchtriebene Sklaven, Kuppler und Schmarotzer zum Vergnügen des Publikums ein von Gier und Trieb verblendetes Unwesen treiben.

Der römische Dramatiker, der die Kunst der Komödie nachhaltig beeinflussen sollte, bearbeitete zum Teil verlorene Werke der Mittleren und Neuen attischen Komödie, wie die Lustspiele von Menander oder den damals beliebten Amphitryon-Stoff. Auf die Plautus-Version bezogen sich später viele große Autoren in ihren Stücken über das tragikomische Verwechslungsspiel zwischen dem Göttervater Jupiter und dem thebanischen Feldherrn. Die Liste der Namen reicht von Molière über Kleist und Giraudoux bis Peter Hacks.

Lügen, Täuschungen und lustige Verwicklungen gibt es auch jede Menge in "Aulularia", der "Goldtopf"-Komödie von Plautus. Der Autor benützte das griechische Stück von Menander als Muster und gab mit dem ängstlichen Geizhals Euklio seinerseits das Vorbild für Molières legendäre Charakterkomödie "L'avare" ("Der Geizige").

Katharina Röther bearbeitete ihrerseits den Plautus für drei Schauspieler und übertrug die metrische Sprache in flüssige, moderne Prosa. Sie übernimmt auch die Hauptrolle des armen Bürgers Euklio, der in seinem Haus einen Topf voll Gold findet. Aus Furcht vor Diebstahl oder Betrug durch Nachbarn oder neugierige Sklaven hütet er den Schatz mit Argusaugen und will ihn seiner Tochter Phädria als Mitgift schenken. Denn natürlich geht es beim hektisch-komischen Versteckspiel auch um die Liebe.

"Wir spielen nach antikem Vorbild mit Masken und Musik", sagt die Regisseurin. "Da kann jeder alle Rollen darstellen. Die Männer geben dann eben auch die Frauen." Wie es in der Antike die übliche Praxis war. Dazu ein kleiner Scherz: Röther lässt Phädria auftreten und sich darüber beschweren, dass im Originaltext zwar über sie viel geredet werde, sie aber nie mitspielen dürfe. Und den Hausgeist mimt in Röthers Inszenierung eine Stabpuppe - eine kleine ironische Reminiszenz an ihre Zeit als Puppenspielerin in Chemnitz und Zwickau. So erfindet sich durch fantasievolle Einfälle und neue Ideen die uralte Kunst der Komödie immer wieder neu.

Zur Belustigung der Zuschauer bleibt die eigentlich gut bekannte Comédie humaine immer frisch und lebendig, weil sie von den niemals sich ändernden Schwächen der menschlichen Natur erzählt. Beschert doch das Lachen dem Publikum immerhin auch noch ein Stückchen Selbsterkenntnis.

Gold! Fr 12.-So 14.8., 20.00, Innenhof der St.-Georgs-Kirche (S/U Hauptbahnhof), St.-Georgs-Kirchhof 1, Karten zu 12,-/ermäßigt 8,-/Kinder bis 13 Jahre 5,- im Kulturladen St. Georg, Alexanderstraße 16, T. 28 05 48 62 oder an der Abendkasse, weitere Vorstellungen 19.-21.8./26.-28.8., jeweils 20.00; info@kulturladen.com ; www.sommertheater-hamburg.de