Der ehemalige RTL-Geschäftsführer plant einen Verbund regionaler TV-Kanäle, der zum Jahreswechsel auf Sendung gehen soll.

Hamburg. Wenn alles so klappt, wie es derzeit geplant ist, wird es zum Jahreswechsel im Programm des Stadtsenders Hamburg 1 eine gravierende Veränderung geben: Für ein paar Stunden am Tag wird auf den Frequenzen des Lokalkanals - an dem die Axel Springer AG, in der das Abendblatt erscheint, beteiligt ist - dann das Programm von Volks-TV laufen. Dabei handelt es sich um einen Senderverbund, den der einstige RTL-Chef Helmut Thoma gerade auf die Beine stellt.

Neben Hamburg 1 wollen auch die Ballungsraumsender TV Berlin, NRW TV und bw family.tv sich an dem Projekt beteiligen. Das haben sie laut Thoma in einer schriftlichen Absichtserklärung festgehalten, einem sogenannten Letter of Intent. Mit weiteren Sendern führt Thoma derzeit Gespräche.

Volks-TV soll den deutschen Regionalkanälen ein Mantelprogramm zuliefern. Auf lange Sicht will Thoma so neben der RTL-Gruppe und der Senderfamilie ProSieben Sat.1 dritte Kraft im deutschen Privatfernsehen werden. Ein ehrgeiziges Vorhaben, für das der TV-Manager noch Geldgeber sucht. Es soll bereits erste Zusagen geben.

Für die ersten zwei Jahre kalkuliert Thoma mit einem Investitionsvolumen von 30 Millionen Euro. Große Sprünge kann man in der Fernsehbranche mit einer solchen Summe nicht machen. Teure, anspruchsvolle Programme wird es bei Volks-TV folglich nicht geben. Thoma ficht das nicht an. Er verweist auf die billig produzierten Scripted Reality-Formate der beiden privaten Senderfamilien, die er im Gespräch mit dem Abendblatt "das Duopol" nennt.

Die Programmfrage scheint aber neben der Investorensuche der Knackpunkt des Projekts zu sein. "Wir müssen sehen, wie das alles programmlich zueinanderpasst", sagt der Geschäftsführer von Hamburg 1, Jan-Niko Lafrentz. Thoma mag sich zum Thema nicht konkret äußern. Auch Lafrentz weiß nicht, was seinem künftigen Geschäftspartner genau vorschwebt. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt von "interaktiven Shows", mit denen Thoma junge Zielgruppen ansprechen wolle.

Der Zeitplan des Projekts, das sich über bundesweit verkaufte Werbung finanzieren soll, ist ehrgeizig: Erst im Mai kontaktierte Thoma Hamburg 1. Aber der einstige RTL-Mann hat mit Helmut Keiser einen Partner an Bord, der bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt hat, dass er in Rekordzeit auch ehrgeizige Projekte stemmen kann. Ihm gehört der TV-Dienstleister Deutsche Fernsehnachrichten Agentur (DFA), und er verantwortete den Sender NBC Giga. Auch im Regional-TV kennt sich Keiser bestens aus: Seiner DFA gehörte von Ende 2002 bis Anfang 2004 Hamburg 1. Er initiierte NRW TV und ist an bw family.tv beteiligt. Bei Volks-TV soll Keisers DFA die zentrale Produktionseinheit sein.

Die Medienaufsicht KEK hat Thomas Projekt am Dienstag durchgewinkt. Nun muss der 72 Jahre alte Fernsehmanager zeigen, was er kann. Einfach wird es nicht. Bisher sind alle Pläne in Deutschland für einen Regionalsenderverbund gescheitert.