Eric Burdon lieferte während seines Auftritts gleich mehrere Höhepunkte ab. Vor der ausverkauften Fabrik sah man traurige Gesichter.

Hamburg. Die kurzgeschnittenen Haare sind schon lange grau, doch die Sonnenbrille gibt ihm immer noch eine gewisse Coolness. 70 Jahre ist Eric Burdon inzwischen alt, ein Methusalem der Rockmusik, doch einer, der immer noch viel Publikum anzieht. Aus nostalgischen Gründen natürlich, aber auch, weil der 1941 in Newcastle geborene Sänger für einen Eintrittspreis von 25 Euro ordentliche Konzerte abliefert, die nicht schon nach 50 Minuten auf Grund von Erschöpfung beendet sind. Solche Phasen hat Burdon in seiner langen Karriere auch gehabt, als er zu tief in die Flasche geschaut und den Mikrofonständer als Stütze für seine wackeligen Beine benutzt hat. Doch die Exzesse liegen hinter ihm, statt Bier und Whisky trinkt er Wasser und prostet damit seinen Zuhörern in der Fabrik zu.

Ein "Ausverkauft"-Schild hängt dort am Kassenhäuschen. So mancher Fan steht draußen und fragt mit bettelndem Blick, ob denn nicht irgendjemand eine Karte zu verkaufen habe. Schwarzmarkthändler sind ebenfalls nicht zu sehen, sodass all die sich wieder frustriert nach Hause trollen müssen, die ohne Ticket nach Ottensen gekommen sind. Diejenigen dagegen, die in der Enge der alten Fabrikhalle stehen, verlassen den Konzertort später hochzufrieden bis euphorisiert. Denn der Rock-Veteran ist in bestechender Form, hat viele seiner großen Hits mit den Animals im Repertoire und zeigt 100 Minuten lang, dass man für den Blues nicht zu alt sein kann. Vielleicht braucht es sogar die Weisheit und Erfahrung von schwindelerregenden Höhen und abgrundtiefen Abstürzen, um den Blues in seiner Tiefe auszuloten, wie Burdon es an diesem Abend schafft.

Mit "When I Was Young" beginnt er das Konzert und nimmt sein ebenfalls in die Jahre gekommenes Publikum mit auf einen Trip zurück in die 60er. Damals, als er mit den Animals und Songs wie "It's My Life" und "The House Of The Rising Sun" erste große Erfolge feierte, dann von der Hippie-Bewegung angezogen von England nach Kalifornien ging, dort Liebe und Frieden predigte und jede Menge LSD-Pillen schluckte. "San Franciscan Nights" erinnert an diese Phase. Doch auch die Songs der schwarzen Soul- und Bluessänger hinterließen einen tiefen Eindruck bei dem weißen Arbeiterkind. Das Elend, das sie besingen, hat er selber in dem Viertel der Hafenstadt Newcastle erlebt, in dem er aufgewachsen ist.

"I Believe To My Soul" von Ray Charles und "Before You Accuse Me" von Bo Diddley hat er an diesem Abend im Repertoire. Voller Inbrunst interpretiert er diese Songs und macht daraus große Dramen. Im Zugabenteil verbindet er den Animals-Hit "We Gotta Get Out Of This Place" mit Timmy Thomas' Antirassismuslied "Why Can't We Live Together" und bringt seine zentralen Anliegen noch einmal auf den Punkt: ein Leben ohne Krieg und Unterdrückung und eine tolerante Gesellschaft. Spätestens an diesem Punkt befindet sich Eric Burdon wieder auf der Höhe der Zeit.