In der Weinbar St. Pauli im Neuen Kamp steht der Genuss im Vordergrund: Heute um 18 Uhr bei der offenen Weinprobe.

Um den Wein ranken sich fast ebenso viele Sprichwörter und Zitate, wie es Rebsorten gibt. In ihm läge Wahrheit, er sei Poesie in Flaschen, erfreue des Menschen Herz. Ähnlich vielfältig ist auch das Vokabular, dessen sich Weinkundige bei der Beschreibung eines Tropfens befleißigen: Rassig sei er, blumig oder schmelzig, rubinrot oder grüngelb. Lakritz, Zitrusfrüchte oder Akazie vermögen die Experten zu erriechen. Sie schmecken frisch geschnittenes Heu, Feuerstein oder geröstete Mandeln.

Beim Laien, der in erster Linie zwischen "schmeckt" und "schmeckt nicht" unterscheidet, errichtet der rhetorische Überschwang, mit dem sich die Gourmets bewerfen, hingegen schnell eine Hemmschwelle. Wie um Bacchus' Willen soll man das alles bloß schmecken, sehen, riechen können?

Dass längst nicht jeder den Großen Johnson (eine Weinenzyklopädie, mit der man notfalls auch einen Einbrecher k.o. schlagen kann) auswendig herbeten kann, darauf hat sich auch mancher Mundschenk inzwischen eingestellt. Darunter auch die Weinbar St. Pauli.

Der kleine, gemütliche Laden hat sich zur Aufgabe gemacht, Anfänger wie Fortgeschrittene zu erfreuen. Auf großes Brimborium wird verzichtet, das Bemühen um die Freude am Wein steht im Vordergrund. Die Karte ergänzt das Team durch wechselnde Specials. Und durch Angebote wie ein Probetrinken.

Im zwanglosen Rahmen wird einmal im Monat eine Auswahl von Weinen präsentiert, die jedes Mal unter einem anderen Motto steht. Am Donnerstag gibt es Weine "querbeet". Was genau auf dem Tresen stehen wird, wird nicht verraten. Bekannt hingegen ist die Tatsache, dass man mehr als nur den kleinen Schluck, der den Geschmack erschließt, probieren darf. Wer einen leckeren Wein gefunden hat, darf sich an diesem Abend auch ein Glas mehr genehmigen.

Die Bezahlung läuft ebenfalls etwas anders als gewohnt: Den Preis bestimmen allein der Gaumen und das eigene Gewissen: Wer ausführlich seinen frisch entdeckten Lieblingstropfen getestet hat, zahlt sicher gern etwas mehr. Wer hingegen schon nach einem kleinen Schluck der Meinung ist, das sei alles Essig gewesen, der gibt halt etwas weniger. Und hofft auf den nächsten Termin, bei dem er die Chance hat, sich bekehren zu lassen. Zu guten Weinen und vielleicht auch zum dazugehörigen Vokabular.

Offene Weinprobe Do 4.8. 18.00, Weinbar St. Pauli (U Feldstraße), Neuer Kamp 19, Kosten nach eigenem Ermessen; www.weinbar-stpauli.de