Der ehemalige Finanzberater und jetzige Sänger Aloe Blacc verknüpft am 13. April im ausverkauften Docks traditionellen und modernen Soul.

Der Refrain ist schlicht, jeder kann ihn mitsingen: "I need a dollar, dollar, dollar is what I need", dudelt seit Monaten im Radio, erreichte Platz vier der deutschen Single-Charts und könnte sich bei den One-Hit-Wonders einreihen, nachdem der Song irgendwann völlig totgespielt ist und niemand die Nummer mehr hören will. Doch Aloe Blaccs eingängiger Hit hat viel mehr Tiefe, als es auf den ersten flüchtigen Blick scheinen mag. Die Bitte um einen Geldschein und um etwas Hilfe ist tägliche Realität von Abertausenden von bettelarmen Afroamerikanern, die in den US-Metropolen mit ein paar Habseligkeiten überleben und durch das ohnehin grobmaschige soziale Netz gefallen sind. Aloe Blacc hat einen Song über Armut geschrieben, und er hatte das Glück, dass daraus ein Hit geworden ist.

Der 1979 in Kalifornien geborene Sänger und Rapper steht in der Tradition eines Soulsängers wie Marvin Gaye, der Anfang der 70er-Jahre mit sozialkritischen Songs ebenfalls extrem erfolgreich war. Gayes Meisterwerk "What's Going' On", eine Reflektion über den Vietnamkrieg und die Verelendung der Großstädte durch Drogen und Gewalt, war damals ein Nummer-1-Hit. Kommerzieller Erfolg und anspruchsvolle Texte waren schon damals kein Widerspruch.

Aloe Blaccs musikalische Wurzeln liegen jedoch im Hip-Hop und nicht im gospelgeprägten Soul. Seit Mitte der 90er-Jahre war er als Rapper des Duos Emanon aktiv, die Musik war jedoch nur ein Steckenpferd für Egbert Nathanel Dawkins III, so sein bürgerlicher Name. Sein Geld verdiente der smarte junge Mann als Finanzberater, der in einem weißen Viertel aufgewachsen ist. Blacc weiß auch, was Arbeitslosigkeit bedeutet. Als die Finanzmärkte zusammenbrachen, verlor er seinen Job, ohne dass er jedoch gezwungen war, auf der Straße Flaschen zu sammeln oder zu betteln. Andererseits trafen die Auswirkungen des kapitalistischen Systems auch ihn und gaben den Anstoß, sich mit Themen wie Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und Ungerechtigkeit zu beschäftigen.

"Ich möchte mit meinen Songs Geschichten erzählen. Soul hatte schon immer eine Aussage, deshalb habe ich das Album ,Good Things' in diesem Genre aufgenommen", sagt er. Eine Verklärung der "hood", wie im Hip-Hop üblich, findet sich bei ihm nicht. In "Life Is Hard" wird die "hood", das Getto, als ein Ort von grenzenloser Armut beschrieben, in dem Menschen ohne Schuhe über die Straßen laufen und ihre Perspektiven trostlos sind.

Doch ihm geht es nicht nur darum, Missstände anzuprangern und zu beklagen, sondern positiv nach vorne zu blicken, die "good things" wahrzunehmen. Auch das verbindet ihn mit den Soulsängern der 60er- und 70er-Jahre, die überhaupt erst ein schwarzes Selbstbewusstsein ausdrückten.

Auch musikalisch zählt Aloe Blacc zur alten Schule. Sein Album hat er in Brooklyn mit richtigen Musikern im Studio eingespielt, um einen ähnlichen Sound zu bekommen, wie er in den 60er-und 70er-Jahren en vogue war. Wah-Wah-Gitarren, Vibrafon, Orgel, Streicher und Bläser bilden die Basis seiner Musik, auf das im Hip-Hop übliche Sampling hat er verzichtet, um einen authentischen Klang hinzubekommen. Besonders "Hey Brother", "Take Me Back" und "If I" sind erstklassige Retro-Soul-Nummern, wie sie in vielen Klubs sowohl an der Ost- als auch an der Westküste wieder ein wachsendes Publikum anziehen. Sharon Jones & The Dap-Kings oder Tre' Williams & The Revelations sind andere Formationen, die mit Soul Erfolg haben.

Für das deutsche Grand-Prix-Sternchen Lena Meyer-Landrut hat Aloe Blacc übrigens auch einen Song geschrieben. "Meine Plattenfirma hat mich gefragt. So ist die Verbindung zustande gekommen", sagt er. "At All" heißt die Nummer, die er selber auch im Repertoire hat. Eine berühmte Rocknummer findet sich auch auf "Good Things", ist aber kaum wiederzuerkennen. "Femme Fatale" von Velvet Underground wird bei Aloe Blacc zu einer Ballade, die an Otis Redding erinnert. Und der gilt bis heute als das Nonplusultra des Sixties-Soul.

Aloe Blacc Mi 13.4., 21.00, Docks (U St. Pauli), Spielbudenplatz 19, ausverkauft; www.aloeblacc.com