Jello Biafra brüllte im Hamburger Knust 75 Minuten lang Anklagen gegen gierige Bankiers, korrupte Politiker und brutale Polizisten ins Mikro.

Hamburg. Am Ende des Konzerts zeigt Jello Biafra seinen Fans, wie sehr er gerade malocht hat. Er entledigt sich seines schwarzen T-Shirts mit der Aufschrift "Democracy We Deliver", wringt es aus, und tatsächlich perlen ein paar Tropfen Schweiß aus dem klitschnassen Hemd auf seinen nackten Rücken. Dann haut er noch einen Song raus, bei dem bis in die hintersten Reihen des ausverkauften Knust wild Pogo getanzt wird. "Holiday In Cambodia", die zweite Single seiner früheren Band Dead Kennedys und eine Anklage gegen das Regime des Diktators Pol Pot, ist das Finale eines Hochenergieauftritts der Punk-Legende aus Kalifornien.

75 Minuten lang hat Biafra, mit bürgerlichem Namen Eric Reed Boucher, flankiert von einer vierköpfigen Band sich auf der Bühne ausgetobt, hat sich auf die Knie fallen lassen und mit Spagats verrenkt, hat seine Anklagen gegen gierige Bankiers, korrupte Politiker und brutale Polizisten ins Mikro gebrüllt. Zwischen den Songs agitiert der 53 Jahre alte Sänger und Aktivist, poltert gegen christliche Eiferer und erklärt das komplizierte Gefängnissystem der USA.

Und er erinnert sich an ein denkwürdiges Konzert, das er am Nikolaustag 1982 in der Harburger Ebert-Halle mit den Dead Kennedys und Slime im Vorprogramm gegeben hat. Immerhin zwei Dutzend Hände gehen bei seiner Frage hoch, wer damals dabei war. Eine Hundertschaft Polizei hatte bei dem Auftritt zwischen Bühne und Publikum gestanden und aus dem Konzert ein bizarres und für Biafra offensichtlich unvergessliches gemacht.