Ballett ist Corny Littmann ein Graus. Trotzdem entdeckte er das Ensemble Lizt Alfonso. Wie konnte das passieren?

Hamburg. Corny Littmann entdeckte das kubanische Tanzensemble von Lizt Alfonso für Deutschland. Vor zwei Jahren präsentierte der Tivoli-Impresario die feurige Revue "Fuerza y Compás" im Schauspielhaus. Das Publikum war von der sexy Frauen-Show und ihrem karibischen Rhythmus fasziniert. Nun kehrt Lizt Alfonso Dance Cuba nach Hamburg zurück und zeigt am 28. Juli im Thalia-Theater die Welturaufführung des Tanz-Musicals "Amigas". In der neuen Produktion erzählt Alfonso die Geschichte dreier "Freundinnen" und bietet - nicht nur für Lateinamerika-Liebhaber - gefühlvolle Lieder, afrokubanischen Klang und furiosen Tanz.

Eigentlich mag Littmann Ballett und Tanz nicht. Seine Stärke als Regisseur und Schauspieler ist die Campy Comedy - soll heißen die grelle, schwule und trashige Farce und Soap ("Pension Schmidt"). Tanzt Corny mal auf der Bühne, ist er gewöhnlich der Erste, der aus dem Takt gerät, das Bein einen Tick zu früh hebt oder nicht durchstreckt.

Wie konnte eine kubanische Frauentruppe das Herz des Schmidt-Frontmanns und früheren Fußballvereins-Präsidenten erobern? Erstens schlägt es für die kubanischen Menschen und natürlich auch für die Männer, die Littmann auf seinen Reisen kennenlernte. Zweitens hat ihn die Lebensfreude, Leidenschaft und Perfektion von Lizt Alfonso und ihren Tänzerinnen in Bann geschlagen, wie er sagt. "Sie können mit den verschiedenen Tanz stilen jonglieren und buchstäblich vom Flamenco in den Rock 'n' roll springen."

Vor vier Jahren hat er "Fuerza y Compás" in Havanna gesehen, lernte die Choreografin und ihre Arbeit kennen und stellte überrascht fest: "Die Compagnie gastierte beim kubanischen 'Klassenfeind' in den USA, in Kanada, Südamerika, feierte Erfolge in Italien, Frankreich und Spanien. Nur im deutschsprachigen Raum war sie noch nicht aufgetreten." Sie werde internationalen Anforderungen gerecht, zeige für kubanische Verhältnisse eine untypische, fast preußische Disziplin. Der finanziell riskante Plan war gefasst: Zum ersten Mal in seiner Theaterlaufbahn hat Littmann eine Tanzcompagnie mit Sängern und Musikern eingeladen.

Die neue Produktion "Amigas" sei anders konzipiert, als die Nummern-Revue "Fuerza y Compás". "Es gibt eine durchgehende Handlung vor dem Hintergrund der kubanischen Geschichte", erklärt Littmann. Das Sängerinnen-Trio Mercedes, Caridad und Regia, dargestellt und gesungen von profilierten, in Kuba beliebten Künstlerinnen, trifft sich nach Jahren der Trennung bei einer Fernsehshow wieder. Sie erinnern sich an alte, glückliche Zeiten, die in szenischen Rückblenden durch drei tanzende Alter Egos lebendig werden. "Außerdem sind diesmal zwei Männer dabei", sagt Littmann. "Eine große Bereicherung, wie ich finde: Denn Vadim Larramendi und Oddebi Garcia, auf der Insel ein renommierter Folklore-Tänzer, bringen Liebe, Eifersucht und erotische Spannung ins Spiel."

Wie die Choreografin mit den tänzerischen Formen von Bolero über Cha Cha Cha und Jazz bis zu Mambo und Salsa spielt, so verwebt die Regisseurin die unterschiedlichen Spielebenen durch Gesang, Musik und Tanz. "Ich glaube, dass dieser Dreiklang besonders attraktiv auf das Publikum wirkt", betont Littmann. Auch in den Arrangements für die achtköpfige Live-Band ist Alfonsos Prinzip der Mischung Trumpf: Der musikalische Leiter Yuniel Rascon sampelt Popularmusik, Songklassiker, darunter die weltbekannten Hits ("Quizás, Quizás, Quizás", "Bésame Mucho") und afrokubanische Rhythmen.

Der Sound-Fusion entspricht Alfonsos choreografischer Stilmix. Er hat den kubanischen Tanz revolutioniert und sie zum Superstar des Inselstaates gemacht. Die Lust an ihrem energetischen Tanztheater, die Liebe zu ihrer Kunst, sind der wahre Grund, warum Corny Littmann die Compagnie wieder einlädt. Für ihn hat die Truppe aus Havanna einfach Spitzenklasse.

Amigas Ein Tanz-Musical, Welturaufführung 28.7., 20.00, Thalia-Theater, Vorstellungen bis 13.8.; Karten unter T. 31 77 88 99; www.tivoli.de ; www.liztalfonso.de