Der Altonaer Friedrich Struensee wurde im 18. Jahrhundert zum Liebling des Dänenkönigs - und dann hingerichtet. Ein TV-Film erzählt sein Leben.

Hamburg/Kopenhagen. Skandale gehören zum gekrönten Adel wie Inzest und Intrigen. Aber verglichen mit dem, was Johann Friedrich Struensee am dänischen Königshof erlebt hat, sind aktuelle Affären wie die von Fürst Albert von Monaco nur ein laues Lüftchen. Der Arzt aus Altona wurde im 18. Jahrhundert erst Leibarzt des dänischen Königs, dann sein politischer Berater. Er hatte ein Verhältnis mit der Königin und mit ihr eine gemeinsame Tochter. In einem Schauprozess wurde er zum Tode verurteilt und bestialisch hingerichtet. Der Hamburger Regisseur Wilfried Hauke hat die abenteuerliche Geschichte nun im Dokudrama "Eine königliche Affäre" aufgearbeitet, das am Sonnabend auf Arte läuft.

Die Geschichte beginnt so: Als er 25 Jahre alt ist, bekommt der aufgeklärte Intellektuelle Struensee (Nicki von Tempelhoff) eine unerwartete Gelegenheit. Er soll den leicht debilen dänischen König Christian VII. (Maximilian Mauff) auf seiner Europareise begleiten. Er willigt ein, und der Monarch findet Gefallen an dem Mediziner, der ihn im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute ernst nimmt. Er nimmt ihn mit nach Kopenhagen und macht ihn zu seinem Leibarzt.

Struensee kümmert sich in Dänemark aber nicht nur um das Wohlbefinden seines Patienten, sondern schaltet sich auch in die Politik ein. Er bekommt umfangreiche Vollmachten, entlässt den Ministerrat, führt die Presse- und Meinungsfreiheit ein und entmachtet den Adel. Und das 19 Jahre vor der Französischen Revolution.

Aber dann überspannt er den Bogen und beginnt ein Verhältnis mit Königin Caroline Mathilde (Emily Cox). Die ist aus Gründen der Staatsräson im Alter von 15 Jahren mit Christian, ihrem Cousin, verheiratet worden, ohne ihn je vorher gesehen zu haben. Sie wird wie erhofft Mutter eines Thronfolgers, fühlt sich aber in Dänemark unglücklich. Als Struensee sich in sie verliebt, wittern die entmachteten Hofschranzen ihre Chance. Zusammen mit der Stiefmutter des Königs sorgen sie dafür, dass Struensee vor Gericht gestellt wird. Im April 1772 kommt ganz Kopenhagen zu seiner Hinrichtung, die man für den verhassten deutschen Reformer besonders mittelalterlich gestaltet. Er wird zuerst geköpft, denn viergeteilt.

Der König lässt sich von seiner Frau scheiden, die ohne ihre Kinder nach Celle verbannt wird. Dort stirbt sie mit nur 24 Jahren an den Röteln. Die Affäre war ein internationaler Skandal, den man nicht nur in Dänemark und Deutschland, sondern auch in England mit Interesse verfolgte, denn Caroline Mathilde war die Schwester von König Georg III. Die Hof-Aristokraten machten nach Struensees Tod seine Reformen umgehend rückgängig. Sie glaubten an eine "gottgewollte" Ordnung.

Regisseur Wilfried Hauke hat zusätzlich zu den Spielszenen Historiker aus diesen drei Ländern befragt, die im Film zu Wort kommen. Neben dem Skandal hat die Menschen schon damals natürlich auch die romantischen Aspekte der Tragödie fasziniert. Der Überschwang der Gefühle passte gut zum Zeitgeist - zwei Jahre nach Struensees Tod erschien Goethes Roman über eine andere Amour fou, "Die Leiden des jungen Werther".

"Struensee war im Grunde ein moderner Mensch mit einem hohen moralischen Anspruch. Als Politiker hat er aber komplett versagt. Wie so viele Fundamentalisten hatte er zu wenig Humor. Und er konnte sich von den Weiberröcken nicht fernhalten", so der Regisseur. Für Dänemark bedeutete die Affäre trotz ihres tragischen Ausgangs den Aufbruch in eine neue Zeit, denn Christians Nachfolger führte die Reformen des Altonaers später wieder ein.

Vor vier Jahren zeigte das Altonaer Museum bereits eine Ausstellung über das Leben des Mediziners, das der schwedische Schriftsteller Per Olov Enquist in dem Bestseller "Der Besuch des Leibarztes" verarbeitet hat.

Hauke hat die Szenen seines Films, an dem er zehn Jahre lang gearbeitet hat, unter anderem in Kopenhagen, Ahrensburg und in Schloss Wilhelmsthal bei Kassel gedreht. Die Produktion verlief nach Plan, bis auf die Hinrichtungsszene. Das Henkerbeil wurde nach historischen Vorlagen kostspielig so nachgebaut, wie man es im Rokkoko gern hatte. Vor Struensee wurde noch sein Gefährte Brandt hingerichtet, den Marek Harloff spielt. Das Beil zersprang beim ersten Schlag in viele Stücke. Es wurde mühsam geleimt und hielt einige Einstellungen lang, bis Brandt kopflos war. Hauke musste improvisieren, um Struensees Tod zu zeigen.

Worüber das Team damals fluchte, macht den Regisseur heute glücklich. Die Kamera zeigt nun das Schafott und wandert weiter in den Himmel. "Der Held darf sterben, ohne dass die Zuschauer die Zerstückelung erleben. Das macht das Ende des Revolutionärs Struensee viel stärker", findet Hauke.

Zum ersten Mal konnte er Zeichnungen aus dem Staatsarchiv verwenden. So sieht man zum Beispiel die Scheidungsurkunde und Porträts, die Christian VII. später von seinem Arzt und seiner Ex-Frau gezeichnet hat. Dazu schreibt der König: "Sie starben nicht durch meinen Befehl. Ich hätte sie gern beide gerettet."

Eine königliche Affäre Sa 20.15 Arte