Der Dokumentarfilm “9 Leben“ erzählt großartig mit sparsamen Mitteln. Maria Speth hat in strengem Schwarz-Weiß gedreht.

Neun Leben hat die Katze, doch manchmal, in ganz wenigen Fällen, scheint dieses Diktum auch für Menschen zu gelten. Drehbuchautorin und Regisseurin Maria Speth stellt in ihrem faszinierenden Dokumentarfilmdebüt sieben Jugendliche vor, die schon so einiges hinter sich haben. Sunny, Toni, Krümel, JJ, Stöpsel, Soja und Za haben sich nämlich schon sehr früh, mit elf, zwölf oder 13 Jahren, entschieden, das Elternhaus zu verlassen und auf der Straße zu leben. Lieblosigkeit, Gewalt, mangelndes Verständnis - die Gründe sind fast immer dieselben. Und trotzdem trifft einen jedes Geständnis, das die Jugendlichen überraschend eloquent vortragen, wie ein Fausthieb.

"Ich hasse meine Mutter - sie hat mein Leben zerstört", sagt einer, während andere von Drogen und Betteln berichten. Maria Speth hat in strengem Schwarz-Weiß gedreht, die Jugendlichen sitzen in einem weißen, fast schon klinisch wirkenden Studio allein auf einem Stuhl. Kein voyeuristischer Blick auf die Straße, kein Beobachten des Alltags. Ein sehr direktes, reduziertes Verfahren, das mitunter wie eine Fotoausstellung wirkt.

Durch diese sparsame Inszenierung werden die Jugendlichen ermuntert, offen und frei zu reden. Einige haben ihre Instrumente mitgebracht und spielen, Za hatte sogar mehrmals mit ihrem Cello an "Jugend musiziert" teilgenommen, hätte, vielleicht, Karriere gemacht. Doch bürgerliche Vorstellungen, wie ein erfolgreiches Leben auszusehen hat, greifen hier nicht.

Bewertung: überragend

9 Leben D 2010, 105 Min., ab 12 J., R: Maria Speth, täglich im 3001; www.peripherfilm.de